: Putsch fordert erstes Todesopfer
HONDURAS Armee verhindert Landung des gestürzten Präsidenten Zelaya. Unterdessen gibt es nun erste Berichte über mehrere Todesopfer unter der Bevölkerung. Deutschland hat Finanzhilfe auf Eis gelegt
VON RALF LEONHARD
Das erste bestätigte Todesopfer des Machtkampfes in Honduras fiel am Sonntagnachmittag vor dem internationalen Flughafen Toncontín. Der 19-jährige Student Isis Obed Murillo starb durch einen Kopfschuss, als Soldaten das Feuer auf Demonstranten eröffneten, die den weggeputschten Staatschef Manuel Zelaya begrüßen wollten.
Um die 100.000 Menschen hatten sich seit den frühen Morgenstunden im Umkreis des Flughafens der Hauptstadt Tegucigalpa versammelt, um für die Rückkehr des populären Präsidenten zu demonstrieren. Manuel Zelaya saß währenddessen gemeinsam mit Miguel d’Escoto, dem nicaraguanischen Präsidenten der UN-Generalversammlung, an Bord einer venezolanischen Regierungsmaschine, die Stunden vorher in Washington abgeflogen war. Trotz ausdrücklichen Landeverbots wollten sie in Honduras einreisen. Um jeder Eventualität vorzubeugen, blockierte die Armee die Landepiste mit Militärfahrzeugen. Die Regierung vereitelte damit ihre eigene erklärte Absicht, Zelaya wegen Vaterlandsverrats und weiteren schweren Vorwürfen vor Gericht zu stellen.
Im Flugzeug erklärte Zelaya mitreisenden Journalisten, er hätte gehofft, Soldaten auf seine Seite zu ziehen und bei seiner Ankunft vom Volk umringt zu werden. So wäre er auch einer Festnahme entgangen. Sein triumphaler Einzug in Tegucigalpa wäre dann ohne Blutvergießen kaum zu verhindern gewesen. Blut floß trotzdem.
Gerüchte über den Tod eines Mädchens kursierten, und etwa ein Dutzend Menschen erlitten bei der Repression außerhalb des Flugfelds Verletzungen. Auch sonst greift das Regime, das sich eigentlich als legitime Regierung verstanden wissen will, immer mehr zu klassischen Mitteln von Militärdiktaturen. In den kleinen und mittleren Gemeinden haben die Soldaten die Rathäuser besetzt. Radios und Fernsehkanäle werden regelmäßig gleichgeschaltet, oppositionelle Berichte selbst in ausländischen Kanälen unterdrückt, Regimegegner systematisch verfolgt. Andrés Pavón, der Vorsitzende der Menschenrechtskommission CDDHH, spricht von 400 Festgenommenen, wovon einige wieder auf freiem Fuß seien, und fünf Toten. Ein Journalist an der Atlantikküste wurde am Freitag von Killern ermordet, ein Gewerkschafter sei von einem Fahrzeug niedergewalzt worden, ein Demonstrant starb an einer Herzattacke im Tränengasnebel. Unterdessen legte Deutschland die Entwicklungshilfe für Honduras auf Eis. Alle Regierungsberatungen seien bis auf weiteres ausgesetzt, sagte eine Sprecherin des Bundesentwicklungsministeriums dem epd. Es liefen lediglich Projekte weiter, die direkt der Bevölkerung zugutekämen. Die deutsche Hilfe an Honduras betrug bislang 14 Millionen Euro pro Jahr für Umweltpolitik, Bildung und Wirtschaft.