Blauer Turm schreibt rote Zahlen

Die Kosten für das neue „Wasserstoffkompetenzzentrum“ in Herten sind rasant gestiegen. Nun muss die Stadt bis Ende April Finanzplan vorlegen – sonst droht das Aus

HERTEN taz ■ Hertens liebstes Aushängeschild ist in Gefahr: Der „Blaue Turm“ wird wesentlich teurer als bisher angenommen. Das so genannte Wasserstoffkompetenzzentrum auf der ehemaligen Zeche Ewald muss bis zum 30. April insgesamt 20 Millionen Euro auftreiben, bisher waren Investitionskosten in Höhe von 14 Millionen Euro veranschlagt. Das Land, die Hertener Stadtwerke und die Abfallgesellschaft Ruhr sollen Geld beisteuern. Der Geldantrag ist allerdings befristet, weil das Land unter anderem auch Geld aus der Europäischen Union für die Förderung erhält.

Gestern konnte im NRW-Energieministerium in Düsseldorf niemand sagen, ob die Frist zu verlängern ist. Fest steht aber, dass der blaue Turm, der Holzabfälle ökologisch schreddert und dabei Methan produziert, nur mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen gebaut werden kann.

Zumindest der Betreiber der Anlage gibt sich optimistisch. „Die Frist muss ein wenig angepasst werden“, sagt Hans-Jürgen Mühlen von der Firma H2Herten. Er glaubt, dass der Turm erst ein Jahr später fertig werden könne, der Bauantrag bis Ende April sei allerdings sehr unwahrscheinlich. Die hohen Stahlpreise sollen Schuld daran sein, dass der Bau nun 6 Millionen Euro teurer wird. „Die Finanzierung war aber schon immer ein Problem“, sagt er. Das Projekt insgesamt aber sei völlig in trockenen Tüchern.

Mühlen macht auch den unerwarteten Widerstand der Hertener Bevölkerung dafür verantwortlich, dass der Turm später kommt. Eine Bürgerinitiative und der Bund für Umwelt und Naturschutz haben gegen die Verbrennung von möglicherweise vergifteten Materialien protestiert, wie sie ursprünglich beantragt worden war. Auf ihren Druck hin werden jetzt nur unbelastete Grünhölzer verbrannt. „Diese Geschichte hat uns mindestens ein Jahr gekostet“, behauptet Mühlen.

Seine Firma ist zwar zu hundert Prozent privat. Doch die Stadt will sich seit der Schließung der letzten Zeche mit dem kleinen Wasserstoff etablieren. Seit 2002 läuft schon eine Miniversion des kommenden Blauen Turms. Natürliche Materialien wie Laub und Baumstämme sollen hier zu Methan vergast und dann zu Wasserstoff weiterverarbeitet werden. Die Gelsenkirchener Firma „Masterflex“ will aus diesem Stoff dann Brennstoffzellen für „mobile offices“ wie Laptops und Handys produzieren. „Der Turm hat für uns eine Magnetfunktion“, sagt Sprecher Norbert Johrendt. Für Herten sei er wie eine Landmarke und die Stadt habe großes Interesse daran, das Projekt zu bauen. „Dann kommen bestimmt noch ein halbes Dutzend Firmen mehr“, sagt Johrendt. ANNIKA JOERES