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Archiv-Artikel

Ersatzknochen aus dem 3D-Computer

Künftig wollen Mediziner ihren Patienten mit Implantaten helfen, die passgenau gefertigt werden. Dabei benutzen sie einen speziellen Drucker

Am Forschungszentrum Caesar in Bonn ist es Wissenschaftlern gelungen, Knochenersatzimplantate individuell für einen Patienten zu erzeugen. Bislang halfen Ärzte bei einer komplizierten Fraktur meist mit einem Stück körpereigenen oder auch künstlichen Knochen, der an die Stelle des weggebrochenen Gewebes gesetzt wurde. Ein Nachteil: Bei Einsatz von Rinderknochen oder auch Korallenstücken passte das fremde Gewebe nicht zu dem des Menschen.

Daher hat die Arbeitsgruppe um die Ingenieure Hermann Seitz und Carsten Tille aus Bonn ein so genanntes Rapid-Prototyping-Verfahren weiterentwickelt: Auf der Grundlage von Aufnahmen der verletzten Stelle mit einem Computertomografen (CT) liefert ein Rechner dreidimensionale Daten. Damit kann ein spezieller 3D-Drucker ein Keramikbruchstück erzeugen, das wie das fehlende Teil eines Puzzles exakt zum Hauptknochen passt.

Kommt ein Patient mit einem herausgebrochenen Knochensplitter in die Klinik, werden zunächst CT-Bilder angefertigt. Anschließend generiert ein Computerprogramm mit Hilfe spezieller Algorithmen aus diesen zweidimensionalen Aufnahmen räumliche Daten. Daraus berechnen nun die Bonner Ingenieure ein passendes 3D-Modell des fehlenden Knochenfragments. Alle bis dahin aufbereiteten Daten leiten die Forscher dann an den 3D-Drucker weiter, der mehr einer großen Versuchsanlage ähnelt als einem herkömmlichen Printer.

Diese Apparatur stellt das Implantat selbst her: Als Erstes tragen die Wissenschaftler auf eine Bauplatte eine hauchdünne Schicht aus keramischen Pulver auf. Als „Tinte“ verwenden sie einen flüssigen Polymerkleber, der auf diese Platte gespritzt wird und der das Material gemäß den eingegebenen Daten für diese Schicht bindet.

„Wir arbeiten mit einer keramischen Substanz, die den mineralischen Bestandteilen des Knochens sehr ähnlich ist“, erklärt Seitz. „Dieses Material soll vom Körper abgebaut und durch eigenes Gewebe ersetzt werden.“

Anschließend wird eine neue Schicht des Pulvers aufgetragen und der Druckvorgang beginnt von vorn. Auf diese Weise erhalten Seitz und seine Kollegen einen Block aus Pulver, der nach Abklopfen des nicht geklebten Staubs das gewünschte Keramikstück freigibt. Das Resultat ist das exakte, individuelle Implantat für den Patienten. Damit die entstandene Lücke im Knochen wieder zuwachsen kann, versucht der Mediziner Matthias Schieker von der Universität München, die Implantate mit geeigneten Knochenzellen zu „besiedeln“.

Ist das Fragment erst in den menschlichen Körper eingesetzt, sollen die Knochenzellen aktiv werden und schnell mit dem natürlichen Knochen, der direkt anliegt, zusammenwachsen. „In weniger als fünf Jahren könnte es die erste Anwendung beim Menschen geben“, prognostiziert der Mediziner Schieker. JOACHIM EIDING