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Abteilung Geld her

Je größer der Schuldenberg, desto mehr Arbeit haben sie: die Kreditbeschaffer im Bremer Haus des Reichs. Acht Milliarden Euro werben sie jedes Jahr ein, um Bremen liquide zu halten. Angst vor dem Bankrott des Landes haben die Investoren nicht

Der 28. Februar war ein guter Tag. Für die Banken. Für die Anleger. Und für Bremen. 1,5 Milliarden Euro insgesamt gingen da auf den Konten der Hansestadt und sechs weiteren Bundesländern ein, je 125 Millionen für Bremen und das Saarland, doppelt so viel für Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. Bis zum 28. Februar 2012 dürfen sie das Geld behalten – für gut vier Millionen Euro Zinsen pro Jahr.

Die millionendicke Finanzspritze „Länder Nr. 20“ hatte das notorisch klamme Bremen bitter nötig. Gerade zehn Tage zuvor nämlich war die Anleihe „Länder Nr. 12“ abgelaufen, Bremen musste 250 Millionen Euro an die Investoren zurückzahlen. Der Termin für die nächste Anleihe Bremens und der anderen sechs Bundesländer, die „Nr. 21“, steht bereits fest.

Um drei Milliarden Euro ist der Schuldenberg des Städtestaats seit 1993 angestiegen, allein in diesem Jahr soll knapp eine Milliarde obendrauf kommen. Rechnet man die fälligen Altkredite mit ein, die zurückgezahlt werden müssen, benötigt Bremen jährlich zwei Milliarden Euro langfristige Darlehen vom Kapitalmarkt, und, um die Liquidität sicherzustellen, übers Jahr verteilt noch einmal sechs Milliarden Euro an kurzfristigen Vorschüssen.

Vor allem Versicherungen und andere institutionelle Anleger leihen Bremen ihr Geld, die Länderanleihen, die an der Börse Berlin-Bremen gehandelt werden, sind aber auch für Privatpersonen erhältlich. Angst, dass ihr Geld im schwarzen Bremer Haushaltsloch auf nimmerwiedersehen verschwindet, haben die Investoren offenbar nicht. Und Bremen gibt sich alle Mühe, jedes Fünkchen Misstrauen beizeiten auszuräumen.

Erste Maßnahme: Diversifikation! Seit Jahren schon gibt Bremen Anleihen nicht mehr alleine, sondern milliardenschwere „Jumbos“ zusammen mit sechs anderen Bundesländern heraus. Das bringt nicht nur ein größeres Kreditvolumen zusammen, sondern reduziert auch das Risiko der Anleger, erläutert Alexandra Blank, Sprecherin der HSH Nordbank. Macht ein Land Ärger mit der Rückzahlung, ist nicht gleich die gesamte Anlagesumme flöten. Der Anleihen-Experte im Bremer Finanzressort, Thomas Jablonski, sagt: „Wir sind offen für jedes Land, das da noch mitmachen will.“

Zweitens: Die „Jumbos“ werden ordentlich beworben, im Fall „Nr. 20“ mit einem Investorenforum im Februar in der Finanzmetropole Frankfurt. Einer der Referenten kommt aus dem Finanzministerium in Mainz, der Titel seines Vortrags lautet: „Der Finanzausgleich als Garant für Bonität“. Der Hintergedanke dabei: Weil das Grundgesetz Transferzahlungen von reicheren zu ärmeren Bundesländern vorschreibt, könne kein Land völlig Pleite gehen.

Was die Zinsen angeht, die ein Land wie Bremen den Banken zahlen muss, räumt Jablonski ein, sind allerdings „Unterschiede zwischen Bayern und Bremen durchaus feststellbar“. Was die Rating-Agentur Fitch nicht daran hinderte, die Anleihe der sieben Bundesländer mit „AAA“ zu bewerten. „Das ist das Beste, was es gibt“, sagt Banksprecherin Blank.

Armin Simon

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