piwik no script img

Kirchliche Schulen sind ein Renner

Christlichen Kirchen laufen die Mitglieder weg. Aber ihre Bildungseinrichtungen sind gefragt wie nie

Während die Kirchen um jedes Mitglied werben, sind religiöse Bildungseinrichtungen gefragt wie nie: Paradox oder eine neue Attraktivität der Kirchen? Die konfessionellen Schulen müssen ihre Schüler oft durch Losverfahren auswählen, so groß sind die Bewerberzahlen. Knapp 13.200 Kinder besuchen die glaubensorientierten Schulen der Hauptstadt, rund 1.300 mehr als noch vor zwei Jahren.

„Das Interesse ist immer dann groß, wenn Eltern vom allgemeinen Bildungssystem verunsichert sind“, sagt der Sprecher des katholischen Erzbistums Berlin-Brandenburg, Stefan Förner. Es sei eindeutig die Qualität der konfessionellen Schulen, ist sich sein Kollege Markus Bräuer von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg sicher. Hier gebe es weit weniger Probleme mit Gewalt, Drogen und Diskriminierung, das wüssten bildungsbewusste Eltern zu schätzen.

Die neue Hinwendung vieler junger Eltern zu den evangelischen oder katholischen Schulen habe zudem mit der Lebensphase zu tun, so Förner. Wenn man Kinder hat, „werden die großen Fragen wieder wichtig“. Das sei der Zeitpunkt, zu dem allgemein Menschen zur Kirche zurückfänden, oder sich ihr erstmals zuwendeten.

Es sei richtig, dass die evangelische Kirche zwar immer noch mehr Austritte als Eintritte verzeichne, sich diese aber inzwischen fast die Balance hielten, betonte Bräuer. Er will beobachtet haben, dass insbesondere nach großen Katastrophen und Krisen die Menschen wieder verstärkt Zuspruch in den Kirchen suchten. Da sei es nur normal, wenn sie auch ihren Kindern „mehr Orientierungswissen und Urteilsvermögen bei ethischen Fragen“ vermittelt wissen möchten.

Insgesamt unterhalten beide Kirchen in der Region knapp 20 Schulen. Die Evangelische Kirche wird im Sommer sogar das erste Gymnasium im Ostteil der Stadt, in Köpenick, eröffnen. Bei der katholischen Kirche fehlt zwar zu solchen Investitionen keineswegs die Nachfrage, aber schlicht das Geld. „Man traut es uns eben zu, schon aus Tradition, Erfahrung mit Schulen zu haben“, meint Förner. Attraktiv sei auch die Wertschätzung, dass hier keine bürgerliche, sondern eine Verantwortungselite herangezogen werde, sagt hingegen sein evangelischer Kollege.

ADRIENNE WOLTERSDORF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen