: „Früher faktisch geschlossen“
HOCHSCHULPARTNERSCHAFT Seit dem Amtsantritt von Evo Morales unterstützt die Uni Bremen die Unversität von La Paz bei der Ausbildung von Lehrkräften
■ koordiniert das Austauschprogramm zwischen der Universität Bremen und der Universidad Mayor de San Andres in La Paz, Bolivien.
INTERVIEW CHRISTIAN JAKOB
taz: Herr Figueora, seit 2006 gibt es ein Bremer Kooperationsprojekt mit einer der größten Universitäten Südamerikas im ärmsten Land des Kontinents. Wie arbeiten diese Hochschulen zusammen?
Alberto Figeuora: Die staatliche Universität in La Paz hat 72.000 Studierende und über 2.500 Lehrende. Ein großes Problem ist, dass nur wenige von ihnen einen Doktortitel haben. Zusammen mit der Bremer Uni versuchen wir, die Qualifikation unserer Hochschullehrer zu verbessern.
Warum mit Bremen?
Zum einen gab es persönliche Kontakte, zum anderen ist die Bremer Universität eine junge Universität und ein sehr wichtiges Forschungszentrum. Hier gibt es viel Dynamik, von der wir profitieren möchten.
Auf welchen Gebieten etwa?
Wir haben großen Bedarf an technologischer Innovation, etwa bei der Nutzung endemischer Pflanzen oder im Agrarbereich.
Agrarwissenschaften werden hier doch gar nicht gelehrt …
Das muss auch nicht sein. Unser Projekt zielt vor allem darauf ab, durch wissenschaftlichen Austausch das didaktische Niveau unserer Lehre zu erhöhen. Das kann auch zusammen mit verwandten Disziplinen geschehen – und verbessert in der Folge auch unsere Forschung.
Teil der erwähnten „Dynamik an einer jungen Universität“ ist, dass man hier ein Gründungsprinzip abschaffte, demzufolge jede Statusgruppe gleich viel Mitbestimmungsrecht hatte. Wie ist es bei Ihnen?
Bei uns werden alle wichtigen Entscheidungen in Gremien getroffen, die hälftig mit Lehrenden und hälftig mit Studierenden besetzt sind. Keine Statusgruppe kann die andere überstimmen.
Die seit 2006 amtierende Regierung des indigenen einstigen Coca-Bauern Morales bemüht sich um die Öffnung des Bildungssektors. Wie macht sich dies bemerkbar?
Viele Bildungseinrichtungen waren früher faktisch für die indigene Bevölkerungsmehrheit geschlossen. Wer etwa „Choquehuamaca“ hieß – ein beim Aymara-Volk häufiger Name – brauchte sich dort meist gar nicht erst zu bewerben.
Und heute?
Man hat Gesetze erlassen, die die Hochschulen verpflichten, jungen Indígenas Stipendien zu geben und die Lehrpläne anzupasen. Ein Studium kostet 2,50 Euro im Jahr.