: Ein Bürgerfest kann die NPD nicht abschrecken
Mit einem „Fest der Demokratie“ am 8. Mai will der Berliner Senat erreichen, dass sich der NPD-Aufmarsch keinen Weg durchs Brandenburger Tor bahnen kann. Doch die rechtsextreme Partei ist eher dankbar für die kostenlose Werbung
BERLIN taz ■ Ein „Fest der Demokratie“ will der Berliner Senat am 8. Mai rund um das Brandenburger Tor veranstalten. Dabei soll mit den BürgerInnen der 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus gefeiert werden. Für den geplanten Aufzug der Jungen Nationaldemokraten (JN), die am selben Tag durch das Berliner Wahrzeichen ziehen wollen, wäre dann kein Platz mehr. Das Land geht davon aus, dass sein Bürgerfest Vorrang hat.
Der Senat hat bereits eine Sondernutzungserlaubnis für den Pariser Platz – das ist der Platz hinter dem Brandenburger Tor – beantragt. Unklar ist noch, ob das Fest eine staatliche Veranstaltung ist oder ob der Senat nur Aktivitäten der Zivilgesellschaft koordiniert. Geplant ist jedenfalls ein Kulturprogramm aus Musik und Theater, auch soll der Festakt aus dem nahe gelegenen Reichstag per Videoleinwand übertragen werden. Am Unterstützerkreis sind unter anderem Parteien, Kirchen und Gewerkschaften beteiligt.
Es ist nicht der erste Versuch, an diesem historischen Tag „beschämende Bilder“ von Neonazis am Brandenburger Tor zu verhindern. Kanzler Schröder wollte ursprünglich sogar den gesamten Festakt aus dem Reichstag auf den Pariser Platz verlegen, was aber die CDU ablehnte. Anschließend scheiterte im Bundestag ein Vorstoß der CDU, das Brandenburger Tor in die Bannmeile des Reichstags aufzunehmen. Zwar wurde das Demorecht verschärft, sodass Kundgebungen an Gedenkstätten für NS-Opfer leichter verboten werden können, doch das Brandenburger Tor ist keine Gedenkstätte.
Die NPD ist über den Trubel ganz froh. „Das ist die beste Werbung für unsere Demonstration“, sagte gestern NPD-Sprecher Klaus Beier zur taz. „Das Brandenburger Tor gehört nicht dem Senat. Wenn er uns mit Tricks vom Brandenburger Tor weghalten will, werden wir bis zum Bundesverfassungsgericht klagen.“ Für die Partei sei das nationale Symbol ein „Fixpunkt“ des Aufzugs, der bereits am 4. November unter dem Motto „Schluss mit der Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult“ angemeldet wurde.
Auch auf den Vorbeimarsch am nahen Holocaust-Mahnmal will die Neonazipartei nicht verzichten, ist hier aber zu Zugeständnissen bereit. „Wir werden schweigend vorbeigehen, es wird keine Sprechchöre geben.“
Ursprünglich hatte die JN für den 7. Mai noch eine Ausweichdemo unter dem gleichen Motto angekündigt. Diese Anmeldung wurde jetzt zurückgezogen, um die eigenen Leute nicht weiter zu verwirren. Stattdessen hat der NPD-Landesverband für den 8. Mai eine weitere Demonstration angekündigt, die sich mit der JN-Demo vereinigen soll. Insgesamt sollen rund 3.000 Rechtsextremisten durchs Brandenburger Tor ziehen, schätzt NPD-Sprecher Beier.
Innensenator Erhard Körting (SPD) will erst Ende April entscheiden, wer wann und wo am 8. Mai demonstrieren darf. „Erst dann sehen wir, wie viele Anmeldungen es gibt“, sagte ein Sprecher zur taz. Geplant sind auch mindestens zwei linke Gegendemonstrationen.
In dieser Woche hatte sich die Versammlungsbehörde zu Sondierungsgesprächen mit der NPD getroffen und ihr eine noch unbekannte Alternativroute ohne Brandenburger Tor und ohne Mahnmal angeboten. Die Partei lehnte erwartungsgemäß ab. CHRISTIAN RATH
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