Kein Flankenschutz für China-Aufrüster

Der Streit um eine mögliche Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China verschärft sich: Kritik aus Japan und von EU-Außenpolitiker. Chinas Demokratiebewegung und Inselrepublik Taiwan werben für eine Beibehaltung des Exportverbots

TOKIO/PEKING ap/afp/dpa ■ Der Streit um eine Aufhebung des europäischen Waffenembargos gegen China spitzt sich zu. Frankreichs Präsident Jacques Chirac ging am Sonntag in Japan in die Offensive und nannte die geplante Aufhebung eine „politische Entscheidung“, die einem „legitimen Wunsch“ Chinas entspreche. Mit diesen Worten bei einem Treffen mit dem japanischen Regierungschef Junichiro Koizumi in Tokio machte Chirac deutlich, dass Frankreich trotz der sich mehrenden Bedenken an der für Juni geplanten Aufhebung des Waffenembargos festhalten will.

Allerdings scheint die EU in der Frage kaum entscheidungsfähig zu sein: Bei einem Gipfel am vergangenen Mittwoch hatten die Regierungschefs das Thema gemieden, um keinen offenen Konflikt zwischen den Waffenexportbefürwortern Frankreich und Deutschland und den Gegnern wie Großbritannien und Schweden aufkommen zu lassen. Die Pläne der EU gerieten zuletzt vor dem Hintergrund des neuen Antiabspaltungsgesetzes in die Kritik, in dem China Taiwan im Falle einer Unabhängigkeitserklärung mit einem Militärschlag droht. In einem Interview mit der Welt am Sonntag äußerte sogar der außenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, „Bedenken“ gegen eine Aufhebung des Embargos. Er glaube nicht an einen baldigen Beschluss, der das Einvernehmen aller EU-Staaten erfordern würde.

Chinesische Menschenrechtsaktivisten riefen die EU dazu auf, an dem Embargo festzuhalten. In einem Appell fordern die Angehörigen der Opfer des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens von 1989, das der Grund für die Verhängung des Waffenembargos gewesen war, vor einer Aufhebung müsste China seine Menschenrechtsverletzungen eingestellt haben.

Koizumi erwiderte gegenüber Chirac, die Aufrüstung Chinas bedrohe die regionale Sicherheit. Während Japan seine Militärausgaben ständig senke, erhöhe China den Verteidigungsetat jährlich um zehn Prozent. Unterstützt wird Japans Position von den USA. Chirac wies die Bedenken allerdings zurück: Der Beschluss der EU ziele nicht darauf ab, mehr Waffen nach China zu verkaufen. „Zwänge und Regeln“ würden es ohnehin verbieten, Waffen an ein Land zu liefern, das die Menschenrechte verletze.

Chirac und Schröder haben immer wieder gesagt, es gehe bei der Aufhebung des Embargos vor allem um einen „symbolischen Akt“ zur Verbesserung der Beziehungen zwischen China und der EU. Die EU-Staaten, allen voran Frankreich, haben Waffen im Wert von 413 Millionen Euro bereits 2003 an China geliefert.

Unterdessen nehmen die Spannungen zwischen Taiwan und China zu. Mehrere hunderttausend Menschen nahmen am Samstag an einer friedlichen Demonstration gegen die chinesische Aggressionspolitik in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh teil. Taiwans Präsident Chen Shui-ban hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Eine Delegation der wichtigsten Oppositionspartei reiste gestern nach China, um zum „Abbau der Spannungen beizutragen“, wie ihr Führer Chiang Ping-kun BBC-Berichten zufolge sagte. Die Oppositionspartei gilt als China-freundlich. Die Regierung Taiwans hatte ihrerseits weitere Verhandlungen mit Peking abgelehnt. LEW