: Jekürzerjespäter
NISCHEN-TV Als Kunstform anerkannt, im Fernsehen kaum präsent: Kurzfilme werden im Spätprogramm versteckt und laufen nur bei kleinen Sendern wie Arte und Das Vierte
THOMAS NEUHAUSER, KURZFILMKOORDINATOR BEI ARTE
VON JAN SCHEPER
Der Kurzfilm ist bekanntlich nicht nur die Wiege des Films, er gilt auch heute noch als Experimentierfeld und Visitenkarte für junge Filmschaffende: „Kurzfilmförderung ist Nachwuchsförderung“, sagt Cora Brückmann, bei der RBB/Arte-Redaktion zuständig für die cineastischen Happen. Nur: Trotz ihrer immensen Spiel- und Sprengkraft laufen Kurzfilme heutzutage im Internet oder auf spezialisierten Festivals, diese seien ohnehin „der eigentliche Gradmesser“, findet Brückmann. Fernsehzuschauer hingegen müssen auf der Suche nach Kurzfilmen Ausdauer beweisen– und meist lange wach bleiben.
ARD und ZDF haben keine Kurzfilme im Programm. Auch bei den Dritten laufen sie nur zu unregelmäßigen Sendeterminen und dann hauptsächlich im Paket – als Kurzfilmnacht. Als führender Förderer des Kurzfilms im Fernsehen tritt nach wie vor Arte auf. Durch Kooperationen mit dem ZDF sowie einigen Dritten Programmen wie dem WDR, dem BR und dem NDR, die als Produzenten auftreten und fleißig Lizenzen einkaufen, ist Arte breit aufgestellt und legt darauf auch Wert: „Wir nehmen den Kurzfilm als eigenständige ästhetisch-innovative Form und wesentliches Element des Spielfilmprogramms sehr ernst“, sagt Thomas Neuhauser, Kurzfilmkoordinator bei Arte Deutschland.
Entsprechend hat Arte mit „KurzSchluss“ ein wöchentliches Magazin zum Thema im Programm, das meist mehrere Kurzfilme hintereinander zeigt, aber auch über einen Hintergrundblock mit Interviews und Reportagen verfügt und Sondersendungen zu spezifischen Themen bringt. Nur läuft „KurzSchluss“ eben erst zu nachtschlafender Zeit: freitags nach Mitternacht. Dafür hat die Sendung immerhin eine gute Internetpräsenz unter arte.tv.
Dummerweise hat Arte inzwischen Konkurrenz aus dem eigenen öffentlich-rechtlichen Senderverbund bekommen: Sendete 3sat einst zur Primetime, laufen die kleinen Filme, abgesehen vom jährlichen Special zum Internationalen Kurzfilmfestival in Oberhausen, dort nun ebenfalls freitags nach Mitternacht.
Und auch im kommerziellen Free-TV sieht es ziemlich mau aus – mit einer Ausnahme: Das Vierte bringt donnerstags nach 22 Uhr in der Reihe „Mini Movie“ internationale Kurzfilme aus der Videothek des „Mini Movie International Channel“, dem Medienunternehmen des russischen TV- und Filmproduzenten Dimitri Lesnewski. Hinzu kommt im Netz das Portal Minimovie.com.
Der einzige Kanal, der die Nischenfilme zur Hauptsendezeit bringt, ist ausgerechnet selbst ein Nischenkanal: der Pay-TV-Sender 13th Street. Samstags ab 20 Uhr will man dort den Kurzfilmen die Aufmerksamkeit verschaffen, „die sie verdienen“, wie es im Werbeslogan heißt. Wobei die Auswahl der vom Sender bevorzugten Genres Rechnung tragen muss, also Action, Horror, Mystery, Krimi und Thriller überwiegen. Inwieweit ein Pay-TV-Senderchen damit nach eigenen Angaben ein „Massenpublikum“ erreicht, ist fraglich.
Weshalb es um die TV-Präsenz der Kurzfilme so schlecht steht, liegt für Ben Deiß auf der Hand: „Werbeinteressen und eine allzu große Programmabhängigkeit“ seien ein großer Hemmschuh für die „innovative Speerspitze des Films“, findet der deutsche Verantwortliche des internationalen Kurzfilmlabels futureShorts. Das werde sich wohl nur ändern, „wenn der Tod des Programmfernsehens kurz bevorsteht“, sagt Deiß.
Oder wenn es Preise gibt, etwa einen Oscar, wie unlängst für Alexander Freydanks „Spielzeugland“. Da hat selbst das Erste mal einen Kurzfilm gezeigt. Natürlich erst um 23.30 Uhr. Man sollte ja nicht gleich übermütig werden.