: Deutschland, einig Rußland
Diesel-Rußfilter könnten Feinstaub reduzieren. Autobauer winkten lange ab. Jetzt will Rot-Grün den Einbau fördern
VON HANNA GERSMANN
Auf ihrem Heck steht CDI, HDI oder TDI. Die Kürzel stehen für High-Tech: Diesel sparsam im Spritverbrauch, rasant wie Sportwagen. Längst haben sie das Image, lahme Karossen zu sein, hinter sich gelassen. Heute ist jeder zweite Pkw, der in Deutschland zugelassen wird, ein Diesel. Doch so mancher Besitzer – aber auch der Nachbar – dürfte sich schwarz ärgern. Das Problem: Aus dem Dieselauspuff kommt anders als aus dem Benziner Ruß. So fein, dass er unsichtbar und genau deshalb besonders gefährlich ist. Er dringt in die feinsten Verästelungen der Lunge ein, löst Krebs aus und sorgt für Herz- und Kreislaufbeschwerden.
Länder, Städte und Gemeinden müssen laut neuem EU-Recht ihre Bürger vor zu viel Dreck in der Luft schützen. Der Feinstaub wird für 65.000 Todesfälle pro Jahr allein in Deutschland verantwortlich gemacht. Der Verkehr verursacht Zweidrittel der Luftbelastung, der Rest kommt aus der Industrie. Nun ringen die Politiker in den großen Städten wie Berlin, Duisburg, Stuttgart oder München um Maßnahmen, streiten über City-Maut, Straßensperrungen, Fahrverbote.
Dabei hätte sich das Problem längst in Luft aufgelöst, hätte die deutsche Autoindustrie nicht auf stur geschaltet. Sie weigerte sich, in ihre neuen Diesel einfache Rußfilter einzubauen. VW und Co. wollten eine edlere, die „innermotorische“ Lösung – und scheiterten.
Das Nachsehen hat der Verbraucher: Erst Jahre nach der ausländischen Konkurrenz, allen voran Peugeot/Citroën, rüsten jetzt deutsche Hersteller ihre Neuwagen mit den Abgasreinigern aus – zumeist gegen einen saftigen Aufpreis.
Also nachrüsten? Theoretisch ist das einfach. In einer halben Stunde ist der Filter in einer Werkstatt eingebaut. Kosten: je nach Modell rund 600 Euro, plus Einbau. Allerdings kümmern sich die großen Hersteller, die sonst gerne ihre Innovationsfreude betonen, darum nicht.
Das Rennen machen kleinere Anbieter. Zum Beispiel Twin-Tec aus Königswinter in der Nähe von Bonn. Nur: Optimal gesäubert werden die Abgase mit dem Twin-Tec-Paket auch nicht. Der Filter zum Nachrüsten lässt mehr Partikel durch als die ab Werk eingebauten. Das ist in etwa wie bei den ungeregelten Katalysatoren, Anfang der Achtzigerjahre. Twin-Tec-Sprecher Rainer Werthmann erklärt: „Die feinen Partikel werden durch Sprungschanzen in ein Vlies abgelenkt. Dort werden sie verbrannt.“ Die schwereren, wenn auch nicht ganz so gefährlichen Rußteilchen ließen sich so allerdings nicht filtern. Insgesamt würden deshalb nur 40 Prozent der Schadstoffe in dem offenen System zurückgehalten.
Bei den Filtern, die direkt in den neuen Wagen eingebaut werden, ist das anders. Sie haben eine Elektronik, die die Verbrennung aller angesammelten Rußteilchen steuert. Aus dem Auspuff kommen dann allenfalls noch 0,1 Prozent der Partikel. Diese hochwertige Technik ist für den Nachrüstmarkt aber zu teuer. Das weiß auch Twin-Tec. Die Vliesfilter, wenn auch wartungsfrei, verkaufen sich schon zum jetzigen Preis nicht gut.
Axel Friedrich vom Umweltbundesamt ist ohnehin wenig begeistert von der einfachen Nachrüsttechnik: „Der Besitzer eines Diesels ohne Filter sollte sein Auto lieber stehen lassen“, so der Verkehrsexperte gegenüber der taz. Auch Daniel Kluge vom Verkehrsclub Deutschland sagt: „Wenn man ehrlich ist, macht der Autobesitzer, der nachrüstet, ein schlechtes Geschäft.“
Schließlich gibt es bislang auch noch keine steuerliche Förderung für saubere Diesel. Die Bundesländer können sich darauf nicht einigen, weil sie um ihre Einnahmen fürchten. Denn ihnen steht die Kfz-Steuer zu, über die die umweltbewusste Umrüstung gefördert werden soll. Rund 250 Euro soll es dafür geben. So hatten es Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) und Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) schon im Februar beschlossen. Auch der Kauf eines Neuwagens mit Rußfilter soll danach gefördert werden – mit 350 Euro. Doch seitdem kommt die Sache nicht mehr voran. Eichel-Sprecherin Sandra Hildebrandt kündigte gestern nun gegenüber der taz an: „Das genaue Konzept legt die Bundesregierung im Sommer vor.“
Also abwarten? VCD-Mann Kluge schätzt jedenfalls, dass der „Wiederverkaufswert für einen Diesel ohne Filter schon in den nächsten zwei bis drei Jahren um bis zu 650 Euro abnimmt“. Spurtkraft und komfortable Straßenlage machen eben noch keinen guten Preis.