Illegaler Genmais

Trotz Verbot ist Mais Bt10, der Antibiotika-Resistenzen verursachen kann, verkauft worden – auch nach Europa

BERLIN taz ■ Der Schweizer Biotechkonzern Syngenta hat jahrelang nicht zugelassenen Gentech-Mais vertrieben – und niemand hat es bemerkt. Selbst Syngenta will nichts davon gewusst haben, dass vier Jahre lang auf einer Fläche von rund 15.000 Hektar in den USA der falsche Mais angebaut wurde. Anstatt der insektenresistenten Sorte Bt11 wurde „irrtümlicherweise“ die nicht zum Vertrieb freigegebene Sorte Bt10 ausgesät. Der von der Lebensmittelindustrie genutzte Süßmais soll laut US-Behörden auch exportiert worden sein, unter anderem in die EU. Syngenta weigert sich bisher, eine Länderliste herauszugeben.

Obwohl Syngenta die US-Behörden schon Ende 2004 über den jahrelangen „Irrtum“ informiert hatte, wurde der Vorfall erst letzte Woche durch einen Bericht des Wissenschaftsmagazins Nature öffentlich gemacht. Man habe erst gründlich überlegen wollen, wie auf den Fehler zu reagieren sei, berichtet Nature.

Auch nachdem die ersten Informationen an die Öffentlichkeit durchsickerten, waren weder die US-Behörden noch der Biotechkonzern bereit, alles offen zu legen. „Der Mais ist sicher“, hieß es zunächst, es bestehe keine Gefahr für Gesundheit oder Umwelt. Der Bt10-Mais sei bis auf einige DNA-Bausteine identisch mit dem Bt11-Mais, behauptete Jeff Stein von der Syngenta-Niederlassung im Research Triangle Park, North Carolina. Und dieser sei doch in den USA, der EU und über 20 anderen Staaten zugelassen.

In der EU darf Bt11 seit einem Jahr als Lebens- und Futtermittel genutzt werden. Der Anbau ist hingegen nicht erlaubt. Tatsächlich besteht ein wichtiger Unterschied zwischen beiden Maissorten: „Der versehentlich vertriebene illegale Genmais Bt10 enthält Resistenzgene gegen das Antibiotikum Ampicillin“, erklärt Andreas Bauer vom Umweltinstitut in München. Ampicillin sei in der Humanmedizin weit verbreitet. Durch die Ausbreitung der Resistenzgene könne es sein, dass das Antibiotikum seine Wirksamkeit verliere. Aus diesem Grund bekäme der Bt10-Mais in der EU keine Zulassung für kommerzielle Verwendung.

Auch über die Menge des in den Handel gekommenen Bt10-Mais habe Syngenta falsch berichtet, sagt Bauer: „Nicht einige hundert Tonnen, wie anfangs behauptet, sondern rund 187.000 Tonnen Genmais sind in die Nahrungskette gelangt.“ Man müsse nur die 15.000 Hektar mit dem durchschnittlichen Ertrag multiplizieren, dann ist sofort ersichtlich, so Bauer, dass die „einige hundert Tonnen“ überhaupt nicht stimmen könnten.

WOLFGANG LÖHR