„Die Länder haben das Geld, um etwas zu tun“

Die steuerlichen Anreize für Rußfilter sollen die Bundesländer finanzieren, denn die haben auch vom Dieselboom profitiert, fordert Jürgen Trittin

taz: Herr Trittin, alle reden über den Feinstaub aus Dieselmotoren. Rot-Grün hat bereits im Februar ein Steuerkonzept zur Förderung von Staubfiltern beschlossen. Aber der Gesetzentwurf ist immer noch nicht fertig. Warum dauert das so lange?

Jürgen Trittin: Die aktuelle Diskussion zeigt doch eins ganz deutlich: Es ist wichtig, dass jetzt die steuerliche Förderung für saubere Diesel-Pkws kommt. Wir brauchen besonders Anreize für die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge, denn hier liegt ein großes Potenzial, die Feinstaubbelastung zu reduzieren. Ich bin mir sicher, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel, in dessen Haus der Entwurf erarbeitet wird, dies ähnlich sieht. Wer auf die Bremse tritt, sind die Bundesländer. Sie freuen sich über ihre steigenden Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer. Für Dieselautos, deren Anteil ständig zunimmt, muss man ja mehr Steuern zahlen als für Benzinfahrzeuge. Von dem wachsenden Steueraufkommen wollen die Länder aber nichts abgeben, um Diesel-Pkws mit Rußfiltern durch eine Steuererleichterung zu fördern.

Tut Finanzminister Eichel nichts, weil er sich im Bundesrat keine Niederlage holen will?

Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf bald kommt.

Das Ansinnen der Bundesregierung entbehrt nicht einer gewissen Komik. Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Eichel und Umweltminister Trittin haben sich im Februar geeinigt, dass Rußfilter gefördert werden, die Länder das aber allein bezahlen sollen. Ist das ein Wunder, dass die keine Lust haben?

Um Lust geht es nicht, sondern um den Schutz der menschlichen Gesundheit. Eine EU-Studie hat gerade festgestellt, dass rund 65.000 Tote pro Jahr bei uns auf die Feinstaubbelastung zurückgehen. Was ist das vernünftigste Instrument, um die Belastung der Luft mit Staub aus Dieselmotoren zu reduzieren? Kurzfristige Maßnahmen wie Fahrverbote beseitigen das Problem nicht an der Wurzel. Hier haben wir mit dem Partikelfilter ein einfaches und wirksames Instrument. Deshalb ist es so wichtig, saubere Dieselautos rasch auf den Markt zu bringen. Mit der steuerlichen Förderung schaffen wir Anreize dafür.

Könnte es nicht einen Kompromiss geben: Bund und Länder zahlen jeweils die Hälfte der Steuererleichterung für Rußfilter?

Nein, dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Es gibt einen starken Trend zum Diesel-Pkw. Die Länder können mit Mehreinnahmen aus der Kfz-Steuer für Dieselfahrzeuge bis 2015 um 11 Milliarden Euro rechnen. Die Förderung der Filter über eine Steuererleichterung würde aber nur 1,5 Milliarden kosten. Die Länder verbuchen also ein dickes Plus, die Förderung ist mehr als gegenfinanziert. Deshalb hat der Bund kein Interesse, die Hälfte der Förderung mitzubezahlen.

Mit einem Kompromiss käme das Gesetz wahrscheinlich schneller.

Allen Beteiligten muss klar sein, dass wir hier schnell vorankommen müssen. Die Länder haben das Geld, um etwas zu tun. Und ich bin zuversichtlich, dass sie sich am Ende auch mit der Steuerlösung anfreunden werden. Denn die Alternative sind Fahrverbote für Diesel in den Städten. Und darüber würden sich, wenn ich die Diskussion richtig mitbekommen habe, die Allerwenigsten freuen. Auch der Griff in die Mottenkiste der Sonntagsfahrverbote wird uns nicht weiterbringen.

INTERVIEW: HANNES KOCH