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Archiv-Artikel

Viel Rauch um nichts

Die steuerliche Förderung von Dieselrußfiltern kommt nicht voran: Umweltminister Trittin macht dafür die Bundesländer verantwortlich. Finanzminister Eichel hat es allerdings auch nicht eilig

BERLIN taz ■ Das Gesetz zur Reduzierung des Staubs aus Dieselmotoren hängt am seidenen Faden. Im Interview mit der taz sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern: „Wer auf die Bremse tritt, sind die Bundesländer.“ Unter anderem in der bayerischen CSU-Landesregierung und im CDU-FDP-regierten Niedersachsen gibt es zunehmende Widerstände, dem rot-grünen Gesetzentwurf im Bundesrat zuzustimmen.

Sollte die Steuererleichterung für saubere Diesel so kommen, wie Rot-Grün sie vorschlägt, müssten die Bundesländer auf bis zu 1,5 Milliarden Euro verzichten. Das sei aber nicht tragisch, argumentiert Trittin. Schließlich stiegen die Einnahmen aus der Kfz-Steuer für die Länder immer weiter. „Die Förderung ist mehr gegenfinanziert“, so Trittin.

„Mögliche Gefahren für die Gesundheit durch Feinstaub sind kein Steuerproblem“, erklärte gestern Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser. Die rot-grüne Bundesregierung hat den Ländern im Februar vorgeschlagen, den Einbau von Rußfiltern in Diesel-Pkws durch eine geringere Kraftfahrzeugsteuer zu begünstigen. Dieselruß gilt als Krebs erregend. Eine EU-Richtlinie verpflichtet dazu, die Belastung zu reduzieren.

Ablehnend äußerte sich gestern auch der niedersächsische FDP-Umweltminister Hans-Heinrich Sander. Eine steuerliche Förderung des Einbaus von Filtern sei überflüssig. Der freie Markt könne das Problem besser regeln.

Aber auch das Bundesfinanzministerium hat es nicht eilig. Der Gesetzentwurf liegt noch nicht vor. „Es ist klar, dass der Entwurf bis zum Sommer fertig ist“, sagte ein Sprecher. Bei den Grünen wird vermutet, Finanzminister Hans Eichel lasse die Zeit verstreichen, weil er sich keine Niederlage im Bundesrat beibringen lassen wolle. Die EU-Kommission lehnt eine Änderung ihrer Feinstaubrichtlinie strikt ab. „Es lohnt sich überhaupt nicht, darüber zu reden“, sagte EU-Industriekommissar Günter Verheugen gestern zu entsprechenden Forderungen aus der Wirtschaft. Verheugen verwies auf die unbestrittene Gefährlichkeit des Feinstaubs. Die Folge seien 300.000 Todesfälle im Jahr in der EU, 65.000 davon in Deutschland. Der Sprecher des deutschen Einzelhandelsverbandes, Hubertus Pellengahr, hatte erklärt, die Feinstaubregeln der EU dürften „kein Tabu“ sein. Ähnlich äußerte sich der Verband der Industrie- und Handelskammern. HANNES KOCH

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