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Archiv-Artikel

Die Hochzeit der Fachbereiche

von Eva Weikert

Was haben Psychologie und Sport gemein? Vieles, meinen CDU-Senat und hiesige Hochschulchefs. Um Kooperation und Vernetzung zwischen den Disziplinen zu verbessern, beschlossen sie die Bündelung der Fachbereiche in Großeinheiten. Die Fakultäten sollten zum 1. April in Kraft treten, doch jetzt wird es später. Denn es gibt Streit um den Gesetzentwurf, demnach die Fakultätsspitzen künftig das Sagen in den Lehrstätten haben. Aber nicht nur die Präsidien sollen Macht abgeben, auch die akademische Selbstverwaltung wird abgebaut. Der Uni-AStA wie die rot-grüne Opposition geißeln die Reform darum als Schritt zurück zur Ordinarienuniversität.

Die Bürgerschaft wird das Gesetz wohl am 28. April abnicken. Es betrifft die Uni und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Beide sind schon mitten in der Fakultätengründung. Die Uni löste ihre 18 Fachbereiche in sechs Sektionen auf, die HAW ihre 13 Bereiche in fünf (siehe Seite 7). Ob die Untereinheiten weiter „Fachbereiche“ oder, wie vom Senat präferiert, „Departments“ heißen werden, entschieden die Fakultäten, so Uni-Sprecher Thorsten Sturm.

Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) verspricht, der Umbau werde „die Entscheidungskompetenz und Innovationsfähigkeit“ von Uni und HAW „deutlich verbessern“. Deren Chefs, Jürgen Lüthje und Michael Stawicki, sind alte Fans der Fakultätenstruktur. Chancen biete sie vor allem für die interdisziplinäre Lehre und Forschung.

Sorge macht ihnen aber die Machtfülle der Großeinheiten. Heißt es doch im Gesetzentwurf, den Fakultäten oblägen „die Hochschulaufgaben“. „Wenn die Fakultätsdekane zu viel zu sagen haben“, warnt Stawicki, „könnte die Hochschule auseinander driften in viele kleine Subhochschulen, deren Welten an den jeweiligen Fakultätsgrenzen aufhören.“ Den Sektionen dürfe darum nur die Erfüllung von Lehre und Forschung auf ihren Gebieten obliegen, mahnte jüngst der Jurist Hans Peter Bull in einer Anhörung, die Rot-Grün zum Thema durchgesetzt hatte: Alles andere sei „unangemessen“.

Fakultäten gibt es überall. Das Besondere in Hamburg ist aber die Grobaufteilung. Andernorts firmieren weniger Fächer unter einem Dach. Der Uni-AStA bemängelt darum, die gebündelten Fächer unterschieden sich zu stark. „Krassestes Beispiel“ sei die Fakultät aus Pädagogik, Sport und Psychologie: „Die kennen untereinander nicht die studienspezifischen Probleme.“

Mit der Fächerbündelung schrumpft die Gruppe der Herrschenden: Statt 18 gibt es noch sechs Uni-Dekane, die je eine Fakultät leiten. Ihnen obliegen dort exekutive und planerische Aufgaben, sie verteilen das Budget und die Stellen. „Wenn das die Könige sind, sind wir die Kaiser“, so Uni-Vize Karl-Werner Hansmann über die neue Hierarchie.

Die untere Ebene in der Fakultät bildet ein Rat aus Studis, Verwaltungsangestellten und Profs. Die Lehrenden stellen die absolute Mehrheit. Der Rat besitzt die Satzungskompetenz und übernimmt wichtige Zuständigkeiten von Präsidium und Uni-Senat wie die Berufungskommissionen und die Prüfungsordnungen. Frühestens im Juni wird an beiden Hochschulen zur Wahl der Fakultätsräte aufgerufen. Bis dahin sollen von den Senaten bestellte Ausschüsse die Fakultätengründung abschließen. Danach können die Dekane gekürt werden. An der Uni schlägt sie der Präsident vor, die Fakultätsräte müssen zustimmen. An der HAW wählen die Räte selbst die Dekane, „der Präsident ist nur fürs Bestätigen da“, so Stawicki.

Die alten Fachbereichsräte werden aufgelöst. Die Gremienstruktur muss „schlanker werden, damit die Hochschulen handlungsfähiger werden“, so Senator Dräger. Würden Studiengänge und Forschungsschwerpunkte fakultätsweit verantwortet, sei leichter zu erreichen, dass etwa in den Naturwissenschaften Bachelor- und Masterstudiengänge „zwar nicht inhaltlich identisch, aber kompatibel sind“.

Zwar darf es beliebig viele Fachschaften geben. Gleichwohl sieht der Uni-AStA die studentische Mitbestimmung schwinden. „Wir haben in den Gremien keine fachbezogenen Ansprechpartner mehr“, geißelt Vorstand Stefan Kühn das Aus der Fachbereichsräte. Wegen der Größe der neuen Sektionen erwarte die Fakultätsräte „ungeheure“ Arbeitsbelastung: Was vorher mehrere Gremien beschäftigte, müsse nun ein einziges wuppen. Dies befasse sich zudem mit Bereichen, „die ihm völlig fremd sind“. Folglich hätten die Profs weniger Zeit für Studis „oder entscheiden wischiwaschi“, warnt Kühn. Dass die Gremien „eine geringere Rolle spielen“, sagt auch HAW-Chef Stawicki: „Die Zahl der Menschen, die mitreden und mitregeln, ist mit der Fakultätenbildung deutlich zurückgegangen“ – auf ein Drittel, schätzt er.

Die Opposition beklagt darum den „Abschied von der demokratischen Hochschule“. Uni-Chef Lüthje hält dies indes für „unrealistisch“. Zwar untersagt es der Gesetzentwurf – doch an seiner Lehrstätte werde es „unterhalb der Ebene der Fakultät sicherlich fachbezogene Einheiten geben“, so Lüthje, in denen die verschiedenen Gruppen von Uni-Mitgliedern vertreten sein würden.