: Der Rücktrittsberater
Die Politikerkontakte des spendenfreudigen Moritz Hunzinger nützen nur einem: dem PR-Mann selbst
Man bekommt sie gern, diese Mails, die Moritz Hunzinger so in die Welt schickt. Er mag es, Leute, die ihn kritisieren, in wortgewaltiger Gossensprache zu beschimpfen. Hunzinger, sagte einmal ein Stuttgarter Kollege, besteche nur anfangs durch Charme und leutselige Beredsamkeit, schüttle Hände, als sei er der beste Freund. Aber hinterher und wieder bei Besinnung habe man „das Gefühl, seine Finger nachzählen zu müssen“. Umtriebig ist er auf jeden Fall. Zu seinem kleinen Imperium gehörten unter anderem die Skandalbildagentur Action Press, Immobilienfirmen, Anteile an dem Meinungsforschungsinstitut Infas. Als er 2004 im Unfrieden aus der eigenen Firma ausschied, blickte der PR-Manager auf eine Strecke von 1.500 Pressekonferenzen, 500 parlamentarischen Abenden, 150 politischen Salons und einer erklecklichen Reihe zurückgetretener Politiker zurück.
Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), der sich von ihm beraten, honorieren und ausstaffieren ließ, ging 2002. Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir fiel, nachdem herauskam, dass Hunzinger ihm einen Privatkredit von 80.000 Mark gewährt hatte. Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) gab sein Amt auf, nachdem gegen ihn wegen einer von Hunzinger PR in Auftrag gegebenen Meinungsumfrage wegen Vorteilsannahme ermittelt wurde. Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) folgte ihm nach, weil sie Informationen über das laufende Ermittlungsverfahren weitergegeben hatte. Nun müssen sich auch die Grünen-Politiker Renate Künast und Joschka Fischer rechtfertigen, weil sie Geld von Hunzinger angenommen haben.
Der 1959 geborene Frankfurter mit dem rüden Wortschatz, der sich selbst als „Straßenjunge“ bezeichnet, unterstützte während seiner Karriere immer wieder gezielt Politiker, suchte privaten Kontakt und verteilte Spenden an alle Parteien. Er trat mit 14 Jahren in die Junge Union ein, mit 16 in die CDU, von 1999 bis 2003 war er Schatzmeister der CDU-Sozialausschüsse (CDA).
Als Schüler, sagte er selbst, sei er „grottenschlecht“ gewesen, wechselte erst auf eine Privatschule, dann auf eine Druck-Academy in Pennsylvania. Dort habe er gelernt, sagte er in einem Interview, Treue als Wert zu schätzen. Und wohl auch Geschmeidigkeit. Hunzinger ist ein Meister der Dementis, die ihn vor sich selbst und der Welt als den Guten dastehen lassen sollen. Nur Zufälle seien es gewesen, versicherte er immer wieder, die ihn im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik in die Nähe von Libyens Gaddafi oder der Rüstungsmafia brachten. Für Rücktritte könne er gar nichts. Scharping habe seine Kleiderrechnung selbst bezahlt, der Özdemir-Kredit sei der Dienst am Freund eines Freundes gewesen.
Im kommenden Juni, kündigte Hunzinger in seinem Terminkalender im Internet an, werde er die Junge Union in Hessen über „Wahlkampfführung und Öffentlichkeitsarbeit“ belehren.
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