: Bei Ankunft Verhaftung
Die Festnahme einer Wiener Radiojournalistin in der Türkei sorgt für internationale Proteste
Eigentlich hatte Sandra Bakutz nur einen kurzen Aufenthalt geplant, als sie am 10. Februar nach Istanbul aufbrach. Doch daraus wurden über sechs Wochen. Bakutz kam erst am vergangenen Donnerstag wieder in ihrer Heimatstadt Wien an. Die unplanmäßige Verlängerung war unfreiwillig. Denn Bakutz war nach ihrer Ankunft am Istanbuler Flughafen verhaftet worden.
Die türkischen Behörden warfen der für das Wiener freie Radio Orange arbeitenden Frau Unterstützung der in der Türkei verbotenen linken DHKP/C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei/Front) vor. Herbert Gnauer vom Vorstand des Radios bezeichnete diese Beschuldigung als fadenscheinig. Er kenne Bakutz als Menschenrechtlerin, die die Situation der politischen Gefangenen in der Türkei immer wieder thematisierte. Auch am 10. Februar wollte sie einen Prozess besuchen, in dem sich türkische JournalistInnen und KünstlerInnen wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Organisation verantworten mussten. Bakutz wollte darüber einen Radiobeitrag produzieren.
Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen und das journalistische Netzwerk International Press Institute (IPI) haben gegen Bakutz’ Verhaftung protestiert und ihre sofortige Freilassung verlangt. Für ihre Freilassung setzte sich auch das österreichische Außenministerium ein. Der Druck zeigte Wirkung. Am Donnerstag wurde Bakutz freigelassen und kurz darauf abgeschoben. Offiziell geht ihr Verfahren weiter. Für Mitte Juni ist ein neuer Gerichtstermin festgesetzt. Allerdings kann sie nicht belangt werden, wenn sie nicht wieder in die Türkei kommt.
BeobachterInnen gehen davon aus, dass Bakutz’ Verhaftung genau diesem Ziel diente. Schließlich haben in den letzten Jahren immer wieder engagierte JournalistInnen und MenschenrechtlerInnen die politischen Prozesse in der Türkei beobachtet und darüber in ihren Ländern berichtet. Das schaffte der in die EU strebenden Türkei unerwünschte Schlagzeilen.
Im Fall Sandra Bakutz hat die Einschüchterung nicht gewirkt. Zu ihren Verfahren reisten Delegationen aus verschiedenen europäischen Ländern ein. Auch JournalistInnenorganisationen waren vertreten. Bakutz will sich weiter für die Menschenrechte in der Türkei engagieren, selbst wenn sie das Land nicht mehr betreten kann. In einem Brief aus dem Gefängnis schrieb sie: „Ich möchte nun aufrufen, dass sich die Augen der internationalen Öffentlichkeit weiter auf die Türkei und auf die Umstände hier richten, damit das Schweigen zu der Situation in den Gefängnissen endlich ein Ende nimmt.“ Für die zahlreichen linken JournalistInnen mit türkischem Pass gibt es wohl kaum die Möglichkeit auf eine so schnelle Freilassung. PETER NOWAK