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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Klare Regelungen fehlen

■ betr.: „Feind in der Tasche“, taz vom 2. 1. 12

Herzlichen Dank für die gute Information über bislang noch unbekannte Abhörmethoden. Erschütternd ist dabei nicht, dass es sie gibt, erschütternder ist, dass klare Regelungen fehlen, wer sie gegen wen unter welchen Bedingungen einsetzen darf und wer notfalls ihren Einsatz verfassungsrechtlich überprüft.

De facto ist es wohl so, dass sich Polizei und Nachrichtendienste bereits dieser Methoden bedienen und dass die ahnungslosen Betroffenen gegen diesen eklatanten Abbau von Grundrechten keine Handhabe besitzen. Dabei erfahren wir gerade in diesen Tagen mehr und mehr, wie dringend notwendig die öffentliche Kontrolle der Geheimdienste ist, will man Machtmissbrauch verhindern. Die Einzelheiten der „Pannenserie“ bei den Ermittlungen gegen das Zwickauer Trio sprechen eine deutliche Sprache und offenbaren, wie stark öffentliche Institutionen bei diesen Morden involviert waren.

ANNE ARNOLD, Berlin

Island hat den richtigen Riecher

■ betr.: „Island wehrt sich gegen Schuldenverstaatlichung“,taz vom 3. 1. 12

Das isländische Volk hat den richtigen Riecher mit seinem Volksentscheid, denn ein Staat darf nicht für freiwillige Garantien in die Knie gezwungen werden. Die Funktionsfähigkeit eines Staates ist gefährdet, wenn 50 % des BIP (wie viel Prozent des Staatshaushalts sind das?) für Einlagengarantien ausgegeben werden sollen. Die Höhe der Garantien muss so gewählt werden, dass sie einen Staat nicht gefährden. Generell ist das Funktionieren eines Staates höher zu bewerten als private Verluste von Vermögen, so schmerzlich sie auch für den Einzelnen sein mögen. Aber Island geht es finanziell sehr schlecht, und den Sparern, die bei Icesave Geld verloren haben, geht es gut.

Ich werfe England und Holland vor, den Reichtum einiger ihrer Mitbürger durch gefährliche Schulden eines schwachen kleinen Landes sichern zu wollen. Diese Staatsschulden müssen unter Umständen über internationale Garantien refinanziert werden, was das Problem Islands vergrößern wird. Dieses Verhalten ist in Zeiten zu hoher Staatsverschuldung kurzsichtig und gefährlich. Auch den europäischen Gedanken, den Schwachen zu helfen, sehe ich hier nicht – eher eine populistische Politik um ihre Wiederwahl Bemühter. Dieses Verhalten ist beschämend und traurig.

PHILIP GRAZIANSKI, Bremen

Was macht „das Kapital“?

■ betr.: „Der wertkonservative Wachstumskritiker“, taz vom 3. 1. 12

So einfach ist das, da muss man erst einmal drauf kommen: Wenn es in Deutschland kein Wachstum mehr gibt, dann verzichten die Arbeitnehmer auf mehr Lohn, und „das Kapital“ verzichtet auf Zinsen und Dividenden. Die Frage ist aber nicht, ob „Fortschritt ohne Wachstum möglich ist“ oder ob ein „gutes Leben“ ohne Wachstum möglich ist. Die Frage ist: Was macht „das Kapital“, wenn es in Deutschland keine Rendite mehr gibt, aber durchaus in anderen Ländern, in denen die Wirtschaft noch über Jahre wachsen wird, und was passiert in Deutschland, wenn „das Kapital“ aus Deutschland abwandert?

Richtig ist: Wenn die Vermögen aufgrund ihrer jährlichen Verzinsung immer schneller anwachsen, kann auf Dauer kein Land diesen Zuwachs erwirtschaften. Auch Kettenbriefe funktionieren nur über eine ständige Zunahme der Teilnehmer und daher garantiert irgendwann nicht mehr. Aber wie naiv ist es, dieses Problem durch den Appell zu lösen, auf Zinsen zu verzichten? Was nützt eine „kulturelle Erneuerung“ ohne eine weltweite Verständigung über einen geordneten Übergang zu einem Finanzsystem, das immer weitere Zuwächse der Vermögen (und damit auch der Schulden anderer) verhindert und damit den Volkswirtschaften den Wachstumsdruck nimmt? MANFRED NEDLER, Dortmund

Haare färben

■ betr.: „Ich verstehe da was nicht…“, Leserinnenbrief von Sonja Heller, taz vom 2. 1. 12

Gern beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Ein Unfall – ist ein Unfall, und eine Brustvergrößerung – ist kein Unfall. Sofern Sie mir einen schlüssigen und unwiderlegbaren Grund nennen können, warum Frauen sich ohne wirtschaftliche oder medizinische/gesundheitliche Notwendigkeit die Brüste vergrößern lassen müssen, bin ich mit der Verwendung meiner Krankenkassenbeiträge für diese Operationen einverstanden. Oder ist mir entgangen, dass Jobs für Frauen mittlerweile nach Körbchengröße vergeben werden? Nichts für ungut; färben Sie sich die Haare. RENATE MENGES, Herzogenaurach

Weit unter der Gürtellinie

■ betr.: „Cui bono, Chemnitz?“, taz vom 2. 1. 12

Ich bin Dresdnerin, wohne also direkt um die Ecke und hatte nach der Wende oft in Chemnitz zu tun, habe Freunde dort und kenne mich ein wenig aus. Natürlich ist es nicht die „schönste Stadt“, und man kann und soll auch auf Missstände sowie Situationen, die einem auffallen, aufmerksam machen. Das ist wichtig und völlig in Ordnung. Das kann man natürlich auch auf die unterschiedlichste Weise tun. Aber das, was dieser Herr Gückel da „ablässt“, ist einfach nur niveaulos, ja sogar beleidigend, den Chemnitzern gegenüber. Das ist weder witzig noch sachlich. Das ist geschmacklos, respektlos und weit unter der Gürtellinie. MONIKA BUDÄUS, Dresden