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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Werden Atomkraftwerke überflüssig? Eon und Coentdecken die Sahara-Sonne als Energieträger“, taz vom 14. 7. 09

Begrünung der Energiemonopole

Grundsätzlich gehen erneuerbare Energien und Großkraftwerke nicht zusammen! Dieses Vorhaben soll doch die Monopole der üblichen (verdächtigen?) Unternehmen zementieren und mit Solarenergie begrünen: Greenpeace scheint schon eingeknickt zu sein!?

Dieses so bejubelte Vorhaben hat aber gravierende Mängel: Fast alle nordafrikanischen Staaten sind sozial und politisch mehr oder weniger labil, Gewinne aus diesen Großanlagen kämen daher ausschließlich den Oberschichten zugute, während der Aufbau einer nachhaltigen dezentralen Energieversorgung auch Arbeitsplätze in den Dörfern und Landstädten dort bringen würde. Die Übertragungskosten werden sehr hoch und die Übertragungsanlagen gleichzeitig auch sehr empfindlich für terroristische Angriffe sein. Das Mittelmeerbecken ist außerdem stark erdbebengefährdet und die Lieferung von Strom auch durch natürliche Gefahren bedroht.

Insgesamt hat dieses System auch keinen überragenden Wirkungsgrad. Wir Verbraucher können auf dieses Projekt gut und gerne verzichten, aber nicht die Großbanken und die dazugehörigen Monopolenergiekonzerne, die eine dezentrale sanfte Energieerzeugung und -versorung fürchten wie der Teufel das Weihwasser! OBBE BAHNSEN, Rimbach

■ betr.: „Porsche-Betriebsrat droht jetzt mit Arbeitskampf“, taz vom20. 7. 09

„Wir bei Porsche“

Spannend ist der Machtkampf der Autogiganten Porsche und VW allemal. Etwas irritierend scheint mir jedoch, wie der Betriebsrat beinahe rührend um die Rettung von Wiedeking kämpft und gar massive Proteste ankündigt. Zugegeben, und wie Uwe Hück als Betriebsratsvorsitzender oft betont, „wir bei Porsche“, das sind noch Arbeitnehmer in privilegierter Stellung. Ehrenwert,wenn ein Betriebsrat hier nichts anbrennen lassen will. Bedarf es dazu der Rettung des millionenschweren Managers Wiedeking? Hat dieser bei seiner Milliardenspekulation um VW, um Macht und Profit zuerst an alle seine Arbeitnehmer gedacht? Hat er sie gefragt?

Um die Zukunft des Herrn Wiedeking müssen sich Porschearbeiter samt ihrer Vertreter kaum große Sorge machen. Soziale Verelendung muss nicht befürchtet werden. In Sorge sollten Arbeitnehmer und die Betriebsräte von Porsche und VW gemeinsam sein um ihrer aller Zukunft. Die Arbeitnehmer bei Porsche und VW haben weit mehr gemeinsame Interessen. Manager werden noch nicht von den Belegschaften gewählt und volkseigen ist keines der Unternehmen. Die Frage ist allein, und darüber ist zu reden, was ergibt sich für die Arbeitnehmer in Stuttgart und Wolfsburg im Falle der Übernahme oder bei Eigenständigkeit. ROLAND WINKLER, Remseck

■ betr.: „Zu faul, zu blond, zu Frau“, taz vom 16. 7. 09

In die Sexistenecke gestellt

Warum bemüht sich Heide Oestreich so sehr darum, Silvana Koch-Mehrins schlechtes Abschneiden im Europaparlament auf angebliche Ressentiments gegen sie als Frau zu reduzieren? Oestreich erwähnt im letzten Nebensatz ja selbst, dass es viel an Koch-Mehrin zu kritisieren gibt, traut sie den PolitikerInnen des EP nicht zu, Sachentscheidungen zu treffen? Die Wahl zwischen polnischem Rechtsaußen und neoliberaler Wirtschaftslobbyistin erscheint mir wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Die ganze Geschichte um Koch-Mehrins Fehlzeiten kommen da nur nebenbei dazu. Das Skandalöse dabei war ja auch weniger Koch-Mehrins Anwesenheitsquote, sondern ihr Versuch, gegen jegliche Berichterstattung darüber (ob nun von Zeitung oder Bloggern) gerichtlich vorzugehen. Dass jemand, der sich gerne selbst in den Medien inszeniert, darüber auch stolpern kann, ist doch nichts Neues. Der Artikel von Heide Oestreich erweckt den Eindruck, dass man Politikerinnen nicht kritisieren kann, ohne in die Sexistenecke gedrängt zu werden. Das finde ich schade und eigentlich sexistischer als die ganze Sache selbst. TIM ARETZ, Kesse-Lo, Belgien

■ betr.: „Deutschland ganz unten“, taz vom 14. 7. 09

Intimrasur und Oma G.

Als ich 1976 in Ostberlin in der Mulackstraße meine Studentenbude bezog, wohnte neben mir eine alte Frau, die noch das Tingeltangel-Geschäft um den Rosenthaler Platz und viele alte Schauspieler kannte, die damals jung waren und dort verkehrten. Wenn ich mit der alten Dame Käsekuchen vom Bäcker Wilhelm-Pieck-Straße Ecke Gormannstraße aß, redeten wir über dies und jenes und kamen einmal auch auf Aktfotografien zu sprechen. Und die 81 Jahre alte Dame sagte, sie finde Männerakte widerlich. Und Frauenakte, fragte ich. Die nicht. Und warum, fragte ich. Weil man ja bei den Frauen nichts sieht, war ihre schlüssige Antwort.

Jetzt würde Oma G., die weit über 90 Jahre alt wurde, vermutlich auch Frauenakte widerlich finden. Ich dagegen finde es toll, wie ein Zeit-Beitrag erst den Spiegel und dann halt auch die taz zum Nachschlag ermuntert. ECKHARD ULLRICH, Ilmenau