Migranten abschrecken

Uni erhöht Hürden für Nicht-EU-Bürger: Neue Bewerbungsgebühr und Sprachanforderungen führen zu massivem Rückgang der Bewerberzahlen

„Früher hatten wir mindestens das Vierfache an Bewerbungen“

von Eva Weikert

An der Hamburger Uni ist die Zahl der Studienbewerber aus dem Ausland stark geschrumpft. Grund ist ein neues Zulassungsverfahren für Nicht-EU-Bürger, das ihnen mehr abverlangt und jetzt erstmals durchgeführt wurde. Wer keinen deutschen oder EU-Pass besitzt, muss neuerdings eine Bewerbungsgebühr zahlen und Deutschkenntnisse nachweisen. Zudem gibt es nur noch einen Studienstarttermin im Jahr. Der AStA geißelt die Sonderregel als „krasse Ungleichbehandlung“.

Wie der Leiter der Uni-Abteilung Internationales, Jochen Hellmann, einräumt, liegen für das kommende Semester nur 500 Bewerbungen aus Afrika, Asien und anderen außereuropäischen Regionen vor. „Mindestens das Vierfache war es früher“, so Hellmann. Die Uni reserviert Migranten acht bis zehn Prozent ihrer Plätze. Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) hat ihr jüngst erlaubt, die Quote auf 15 Prozent zu erhöhen. „Wir wollen die besten Köpfe aus aller Welt nach Hamburg holen“, begründete er die Öffnung: „Internationalität“ solle den Studienstandort Hamburg prägen.

2004 hatten von den 40.000 Uni-Studis 5.000 keinen deutschen Pass. Mit 4.160 stammten die meisten aus Nicht-EU-Ländern. Wie alle anderen konnten sie sich kostenlos zweimal im Jahr bewerben und in die Uni eintreten. Deutschkenntnisse mussten sie nicht nachweisen.

Im neuen Verfahren, vermutet Abteilungsleiter Hellmann, hätten Bewerber die Gebühr „gescheut“, die fälligen Sprachtestate nicht vorlegen können oder die geänderte Bewerbungsfrist nicht gekannt, die nunmehr am 15. Januar für das darauf folgende Wintersemester endet. Wie groß der Schwund genau ist, „kann ich aber nicht sagen“, so Hellmann.

Denn die Uni hat einen Teil des Zulassungsverfahrens für Migranten einer privaten Agentur überantwortet: „Assist“ in Berlin nimmt die Anträge als Erste entgegen, um sie auf formale Richtigkeit zu prüfen und dafür pro Bewerber 50 Euro zu kassieren. Wer es an mehreren Orten versucht, muss für jede zusätzliche Uni zehn Euro drauflegen. Wie viele Bewerber die Berliner ausgesiebt haben, wisse er nicht, so Hellmann. „Assist“-Chef Thomas Liljeberg will indes der taz keine Auskunft geben und beruft sich auf den Datenschutz.

Die Uni begründet die Einschaltung der Agentur mit „Überlastung“. In seiner Abteilung würden Stellen eingespart, so Hellmann, zugleich seien neue Aufgaben hinzugekommen. Wegen leerer Kassen musste die Uni auch ihren Anspruch an die Deutschkenntnisse hoch schrauben. Hellmann: „Wir haben leider nicht mehr die Mittel, um den Spracherwerb auf unsere Kosten hier durchzuführen.“

Der AStA verurteilt die verschärfte Auslese: Er befürchtet, dass vor allem Leute aus ärmeren und EU-fernen Ländern vom Studium in Hamburg ausgeschlossen werden. „Das Verfahren bevorzugt Bewerber, die Deutsch in der Schule gelernt haben oder sich Unterricht leisten können“, warnt Sprecher Stefan Kühn. „Deutsch vor Ort zu lernen, ist in manchen Regionen unglaublich schwierig.“ Ein „Unding“ sei die Bewerbungsgebühr für Migranten. Diese mache „den Schnitt“ zwischen Bildungsin- und ausländern. Die Rathausparole von Internationalisierung werde so „konterkariert“.