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Archiv-Artikel

Dieselfahrzeuge am Pranger

Im Vergleich zu den Benzinern sind Dieselmotoren reine Schmutzschleudern. Doch verantwortlich für den Feinstaub ist nicht allein der Autoverkehr

Dass Dieseltreibstoff billiger ist als Normalbenzin, weiß inzwischen jedes Kind. Dass Diesel dabei umweltschädlicher ist, hat sich inzwischen auch herumgesprochen. Aber warum ist das so? Was macht den Diesel zur Umweltsau? Die aktuelle Feinstaub-Debatte wirft viele Fragen auf, und dies ist eine davon.

Immerhin 17 Prozent des Feinstaubs werden durch den Verkehr verursacht. 1990 waren es nur 3 Prozent. Dieser relative Anstieg erklärt sich vor allem durch einen drastischen Rückgang der Feinstaub-Emissionen in den neuen Bundesländern. Hier wurden entweder veraltete Feuerungs- und Industrieanlagen stillgelegt oder die Wirksamkeit von Entstaubungsanlagen verbessert.

In absoluten Zahlen allerdings ist der durch den Verkehr verursachte Feinstaub-Ausstoß seit 1990 um fast die Hälfte von 61.000 auf 35.000 Tonnen pro Jahr zurückgegangen. Der Katalysator (Kat) bei den Benzinmotoren zeigt hier seine Wirkung. Anfang der 90er-Jahre lebte es sich also um einiges dreckiger. Gleichwohl: Hauptverursacher der verkehrsbedingten Emissionen sind und bleiben die Dieselmotoren von Lkw, Pkw und Bussen. Dieselfahrzeuge stoßen mehr Schadstoffe aus als Benziner. Während der Kat dafür sorgt, dass Benzinabgase kaum mehr messbar sind, ist Dieselabgas weit schwieriger zu reinigen. Hinzu kommt – im Benziner nahezu unbekannt – Ruß. Bei der Verbrennung des schwereren Kraftstoffs entstehen Partikel, die als Feinstaub durch die Luft rieseln.

Vor allem die Städte sind von diesem Feinstaub betroffen. In den Ballungsgebieten ist der Verkehr hauptsächliche Quelle für die Grenzwertüberschreitungen, die nach EU-Recht maximal 35 Tage pro Jahr auftreten dürfen.

Auf der Berliner Verkehrsministerkonferenz diese Woche überschlugen sich die Vorschläge: Innenstadtverbot für Diesel-Autos, Partikelfilterpflicht für Busse und Lkw, höhere Maut für Schwerlaster mit starkem Rußausstoß. Und auch die Bevölkerung springt auf diesen Zug auf: 89 Prozent der Befragten einer repräsentativen Forsa-Umfrage fordern Rußfilter für den Diesel-Pkw. Dabei wird schnell übersehen, dass Dieselfahrzeuge nur eine unter vielen Schadstoffquellen sind.

Aber gerade bei Dieselfahrzeugen ist das Einsparpotenzial tatsächlich enorm. Dabei muss allerdings nach Fahrzeugtypen und Filtertechniken unterschieden werden. Reduzieren lassen sich Dieselruß-Emissionen durch eine Verbesserung der motorischen Verbrennung und durch eine Abgasreinigung mittels Rußfiltern. Die Filter erreichen bei Pkw eine Abscheiderate von mehr als 99 Prozent, so dass die Partikelkonzentration im Abgas fast das Niveau der Umgebungsluft erreicht. Ein weißes Taschentuch, vor den Auspuff eines Filterautos gehalten, bleibt weiß. Eine Leistungseinschränkung durch den Filter gibt es nicht: Spritverbrauch und Ansprechverhalten des Motors sind unverändert.

„Rund 17.000 Tonnen der gefährlichen Rußpartikel könnten gefiltert werden, wenn alle Dieselfahrzeuge nachgerüstet werden“, so Uwe Israel, technischer Geschäftsführer bei Twin-Tec, einem mittelständischen Rußfilterhersteller. Das entspricht dem jährlichen Rußausstoß von knapp 1,7 Millionen Stadtbussen.

Doch gerade für Busse und Lkw ist die Filtertechnik ungleich komplizierter und teurer. Und dabei ist diese wichtiger: denn die Partikelemissionen sind hier absolut höher als bei Diesel-Pkw. Zur Serienreife hat es noch keine Lösung gebracht, unter anderem weil die Anforderungen an die Haltbarkeit der Filter in diesem Segment viel höher sind. Abscheideraten zwischen 50 und maximal 80 Prozent sind zu erreichen.

Während beim Pkw das Dieselabgas auf einen Keramikklotz trifft, den ein dichtes Netz feiner Reaktionskanäle durchzieht, fehlt dies beim Lkw-Filter. Stattdessen werden die Dieselpartikel durch turbulente Strömungen im Filterrohr quasi an die Innenwand gedrückt, wo sie haften bleiben und verbrennen.

Das Konzept nimmt in Kauf, dass ein Teil der Rußpartikel unbehelligt durch den Filter schlüpft. Der Vorteil dieser Technik ist jedoch, dass eine Verstopfung des Filters vermieden wird und der Kraftstoffverbrauch sich nicht erhöht. Eine mäßig befriedigende, aber derzeit noch alternativlose Methode.

RENÉ STEENBOCK