Kleine Geschichte der Vertreibung
:

Die Flucht vor den Deutschen. Im Herbst 1939 kündigt Hitler an, die Staaten Europas neu zu ordnen – „Lebensraum im Osten“. 500.000 Polen werden aus Westpreußen und Posen in das südliche Restpolen vertrieben. Zwei Millionen werden als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich verschleppt. In den entleerten polnischen Dörfern siedeln Volksdeutsche. 12 Millionen Menschen fliehen aus der westlichen UdSSR, werden evakuiert oder umgesiedelt.

Die Flucht der Deutschen. Mit der Niederlage im Krieg müssen insgesamt mehr als 14 Millionen Deutsche Ostpreußen, Schlesien, Pommern, Ostbrandenburg, das Sudetenland und Memelgebiet verlassen. Schon bevor die Rote Armee am 12. Januar 1945 die entscheidende Offensive an der Ostfront unternimmt, beginnt die ungeregelte Flucht. In Zügen, Pferdewagen, zu Fuß. Die Rote Armee kämpft sich innerhalb weniger Wochen zu Oder und Neiße vor. 250.000 Flüchtlinge sind schon unterwegs, als die Wehrmacht beginnt, die Flucht zu organisieren. Ab dem 21. Januar 1945 sollen die Deutschen über die Ostsee verschifft werden. 33.000 Menschen ertrinken. Der Touristendampfer „Wilhelm Gustloff“ mit 10.000 Flüchtlingen wird von einem russischen U-Boot versenkt.

Die Vertreibung der Deutschen. Nach dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 beginnt die systematische Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten. 6,7 Millionen Menschen werden in den folgenden sieben Monaten vertrieben.

Bei Flucht und Vertreibung sterben insgesamt zwei Millionen Deutsche. 10,5 Millionen Menschen, die zuvor von der Wehrmacht vertrieben wurden – Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Überlebende der KZs – kehren in ihre Heimat zurück.

Neue Heimat im Westen.

Acht Millionen deutsche Ostflüchtlinge und Vertriebene siedeln sich indes in Westdeutschland an – besonders in der amerikanischen und britischen Besatzungszone. 3,6 Millionen bleiben in der sowjetischen Zone, der späteren DDR – zeitweise ein Viertel der Bevölkerung. Die Flüchtlinge werden in den jeweiligen Zonen zunächst in Sammellagern aufgenommen. Die Integration fällt schwer. Die BRD zahlt den Vertriebenen insgesamt 100 Milliarden Mark Eingliederungshilfe.

Die Vertreibung hört nicht 1945 auf. Im darauf folgenden Jahr werden weitere zwei Millionen und 1947 nochmals eine halbe Million Menschen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße vertrieben. Hinzu kommen 1,2 Millionen Menschen aus der Tschechoslowakei und rund 170.000 aus Ungarn. Insgesamt sind es 10 Millionen Menschen, die zwischen Kriegsende und dem Jahre 1970 als Flüchtlinge und Spätaussiedler in die Bundesrepublik kommen.

Für die Interessen der Flüchtlinge setzt sich seit 1949 ein Zusammenschluss der Landsmannschaften ein, der spätere Bund der Vertriebenen. Seit Jahren wird über seinen Vorschlag gestritten, ein Denkmal für Kriegsflüchtlinge zu errichten. SAT