Die Afrikapolitik der DDR
: Bananen gegen Lkw

Ihre Politik gegenüber Afrika scheint eher ein Randthema der DDR-Geschichte zu sein. Und doch erfährt man in einem Sammelband über die Afrikapolitik gegenüber Mosambik mehr über die wirtschaftlichen Strukturen und Probleme der DDR, die Kommandowirtschaft des Bereiches Kommerzielle Koordinierung und das Auseinanderklaffen zwischen Propaganda und Wirklichkeit, als das Thema es vermuten lässt. Die Autoren erzählen individuelle Geschichten und erhellen historische Fakten, die weit über die Afrikapolitik der DDR hinausreichen.

Die DDR hatte die mosambikanische Befreiungsbewegung und spätere Partei Frelimo im antikolonialen Befreiungskampf diplomatisch und materiell unterstützt und sich dadurch ein hohes Ansehen erworben. Die Frelimo orientierte sich politisch an der DDR, schätzte deren Experten und war zur Zusammenarbeit um fast jeden Preis bereit. Doch ab 1977 geriet Mosambik in den Blick der DDR-Devisenbeschaffer im Bereich Kommerzielle Koordinierung um Alexander Schalck-Golodkowski, wie Mitherausgeber Hans-Joachim Döring in seinem Beitrag beschreibt. Ziel war es, der DDR zu einer besseren Devisensituation zu verhelfen, wie er anhand umfangreicher Dokumente aus SED-Archiven nachweist.

1977 hatte sich in der DDR ein Haushaltsloch in konvertierbarer Währung aufgetan. Die Ursache sahen die Wirtschaftsplaner darin, dass sie immer mehr Agrarprodukte wie Kaffee, Südfrüchte und Tierfutter gegen Devisen einführen mussten. Da kam das politische Ansehen der DDR in Mosambik gerade recht. Konnte man Kaffee und Bananen von dort beziehen, sparte man Devisen und zahlte stattdessen mit Lkw oder Landmaschinen. Entwicklungspolitische Aspekte, Solidarität oder die Sicht einer Bevölkerung, die hungerte, spielten in diesen Überlegungen keine Rolle, so der Autor. Die gab es in der DDR zwar auch, sie wurden jedoch durch die wirtschaftlichen Ziele überlagert.

Kurzfristig funktionierte die Lieferung von Zitronen gegen Investitionen in Infrastruktur. Aber die DDR entwarf gigantische Großprojekte für das südafrikanische Land. Auf riesigen Ackerflächen in einem Land, in dem gehungert wurde, sollte Tierfutter angebaut werden, von dem 50 Prozent in die DDR geliefert werden sollten. Diese Projekte scheiterten nicht nur, weil der Bürgerkrieg wieder aufflackerte, sondern auch weil sie von Mosambiks Bevölkerung nicht akzeptiert wurden. Dennoch, so Döring und andere Autoren, hat es sinnvolle Hilfe von den Experten der DDR gegeben, die nach Mosambik entsandt wurden. In den Savannen von der Planern der Kommerziellen Koordinierung allein gelassen, leisteten sie mit ihren afrikanischen Partnern oft anderes, als Plan und Kommando vorgaben.

Daraus resultiert das hohe Ansehen, das Deutsche noch heute in Mosambik genießen. Für die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik ist Mosambik heute eines der wichtigsten Partnerländer. Da ist das einstige DDR-Engagement ebenso nützlich, wie es die Kontakte der früheren DDR-Experten sind und die deutschen Sprachkenntnisse der Mosambikaner, die in der DDR lernten oder als Vertragsarbeiter arbeiteten und später in den nie zustande gekommenen Großprojekten arbeiten sollten.

Unter den Autoren des Sammelbandes stehen ehemalige DDR-Diplomaten neben damaligen Kirchenvertretern und betroffenen Mosambikanern. Der Schriftsteller Landolf Scherzer gehört dazu wie Brandenburgs Ausländerbeauftragte Almuth Berger, die Afrikabeauftragte der Bundesregierung Uschi Eid und Wissenschaftler, die ihr Wissen aus den Archiven gewonnen haben. Wissenschaftliche Beiträge stehen neben literarischem Porträt und Erinnerungsbericht. Sicht und Darstellung der einzelne Beiträge sind sehr unterschiedlich, ergeben aber ein informatives Gesamtbild. Ausgenommen sind die spärlichen Beiträge am Ende des Bandes, die die bundesdeutsche Entwicklungszusammenarbeit in den 70er- und 80er-Jahren beschreiben. Sie stehen kaum im Bezug zu den anderen, sodass die von den Herausgebern angekündigte deutsch-deutsch-afrikanische Dreiecksgeschichte nicht plastisch wird. MARINA MAI

Hans-Joachim Döring/Uta Rüchel (Hg.): „Freundschaftsbande und Beziehungskisten. Die Afrikapolitik der DDR und der BRD gegenüber Mosambik“. Brandes & Apsel, Frankfurt a. M. 2005, 213 Seiten, 14,90 Euro