: Mehr Gerechtigkeit für die Musikschulen
SENATSVORLAGE Bildungssenator Zöllner will gleiche Standards, aber keine zusätzlichen Mittel
Lange Zeit hat sich der Senat um das Thema Musikschulen herumgedrückt. Nun hat eine Expertenkommission im Auftrag von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) zahlreiche Reformvorschläge vorgelegt. Ziel der Expertise, die der taz vorliegt, ist es, einheitliche Standards festzulegen, um die unterschiedlichen Ausstattungen in den Bezirken auszugleichen sowie das Angebot weiter auszubauen.
Welche Bedeutung die Musikschulen in den Bezirken bislang hatten, zeigt sich schon bei der Stellenverteilung. In Neukölln standen für 3.500 Musikschüler Ende 2008 genau 8,38 Stellen zur Verfügung, in Pankow waren es im gleichen Zeitraum 26,1 Stellen für knapp 4.000 Schüler. Gleichzeitig zeigt eine Warteliste von 4.200 Kindern, wie groß der Bedarf in Pankow ist. Wegen des Anmeldestaus hat die Musikschule bereits vor geraumer Zeit Erwachsene von der Teilnahme an Kursen ausgeschlossen.
Bisherige Vorschläge wie einen Lastenausgleich zwischen den „reichen“ und „armen“ Musikschulen hat das Abgeordnetenhaus in der Vergangenheit als wenig praktikabel abgelehnt. Zöllners Experten wollen nun einen anderen Weg gehen. So soll es für jede der zwölf Musikschulen eine sogenannte Sockelfinanzierung von sechs Stellen geben. Werden mehr als 1.000 Schüler unterrichtet, gibt es für je zusätzliche 125 Schüler eine Aufstockung von je 0,3 Stellen. Pankow würde in diesem Falle sieben Stellen verlieren, Neukölln zehn gewinnen.
Damit dies nicht zu Lasten der gut ausgestatteten Einrichtungen geht, soll gleichzeitig die Zahl der Musikschüler steigen – von derzeit 41.050 auf 54.444. Darüber hinaus schlägt die Kommission die Einsetzung eines Gremiums vor, das den Ausbau des Angebots berlinweit sichern und koordinieren soll.
Pankows Kulturstadtrat Michail Nelken (Linke) bewertete den Vorschlag als „Schritt in die richtige Richtung“. Zwar müsse Pankow Stellen abbauen, so Nelken, „berlinweit aber würde mit dem permanenten Abbau Schluss sein“. Nelken war zuletzt in die Kritik geraten, weil er sich weigert, 600.000 Euro an Einsparungen für die Musikschulen umzusetzen. Am heutigen Mittwoch tritt eine Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung zusammen, um das Thema erneut zu beraten.
Nach wie vor Handlungsbedarf dagegen sieht der Landesmusikrat. „Im Vergleich zu dem, was wir fordern, ist das ein Miniaturschritt“, sagt der Vorsitzende des Landesmusikrats, Christoph Höppner. Er forderte den Bildungssenator auf, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass der Ausbau der Musikschulen kostenneutral sein könne. „Das ist eine Frage der politischen Priorität“, so Höppner.
Ein runder Tisch „Musikschulen“ hat am 13. Juli auf Einladung des Landesmusikrats bereits erste Eckpunkte diskutiert, unter anderem zusätzliche Mittel für den Landeshaushalt in den Jahren 2010/2011. Weitere Gespräche sollen folgen, unter anderem ein Termin bei Senator Zöllner Ende August. Ebenfalls nach der Sommerpause will die Bildungsverwaltung das Papier der Expertenkommission dem Senat vorlegen. UWE RADA