: Iran nimmt eine neue Uranfabrik in Betrieb
ATOMKONFLIKT Teheran gibt eine erhöhte Anreicherung auf 20 Prozent bekannt. Damit lässt sich schneller atomwaffenfähiges Material herstellen. Der Schritt löst erwartungsgemäß internationale Kritik aus
BERLIN taz | Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) hat bestätigt, dass der Iran eine neue Urananreicherungsanlage in Fordo in Betrieb genommen hat. Die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland bezeichneten den Vorgang als neue Eskalationsstufe im Konflikt um das iranische Atomprogramm.
Die Anlage, 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran gelegen, ist neben Natans die zweite wichtige Anlage zur Urananreicherung des Landes. Ihre Existenz wurde 2009 von westlichen Geheimdiensten publik gemacht. Sie ist zum Schutz vor möglichen Luftangriffen in einem Berg gebaut worden. In Fordo werde nunmehr Uran auf 20 Prozent angereichert, sagte der iranische Vertreter bei der IAEO, Ali Asghar Soltanieh, am Montag in Wien. Die Anreicherung erfolge unter der Aufsicht der IAEO.
Die Internationale Atomenergiebehörde bestätigte die Angaben. Es war bereits zuvor durch Diplomaten bekannt geworden, dass in dem unterirdischen Komplex 348 Zentrifugen in zwei Kaskaden in Betrieb seien, zwei weitere Kaskaden befänden sich noch im Aufbau. Gil Tudor, Sprecherin der IAEO, sagte, sie könne bestätigen, dass Iran mit der Anreicherung auf 20 Prozent begonnen habe: „Das gesamte Atommaterial in der Anlage bleibt unter der Kontrolle und Überwachung der Behörde.“
Experten vertreten die Ansicht, auf 20 Prozent angereichertes Uran ließe sich deutlich schneller zu atomwaffenfähigem Material weiter anreichern, als das 3,5-prozentige Uran in der Anlage Natanz. Teheran weist stets jede Absicht, Nuklearwaffen herstellen zu wollen, entschieden zurück. Das höher angereicherte Uran sei zur Herstellung von medizinischen Isotopenquellen für die Behandlung von Krebspatienten bestimmt.
Washington bezeichnete die erhöhte Urananreicherung als neue „Eskalationsstufe“ im Atomkonflikt mit Teheran. Wenn in Fordo Uran auf 20 Prozent angereichert werde, sei dies eine „Eskalation“ der „anhaltenden Verletzungen“ der internationalen Verpflichtungen Irans, erklärte US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland am Montag. Großbritanniens Außenminister William Hague verurteilt den Produktionsstart als „provokativen Akt“. Der Iran könne keine glaubwürdigen Gründe vorweisen, warum das Land diese Mengen an hoch angereichertem Uran benötige.
Der Atomkonflikt droht in eine militärische Auseinandersetzung mit verheerenden Folgen zu münden. Iran hatte jüngst seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Verhandlungen ohne Vorbedingung angekündigt und die EU um einen Termin gebeten. Und während der Vizepräsident drohte, im Falle eines Ölboykotts die Straße von Hormus zu schließen, erklärte der Verteidigungsminister Ahmad Wahidi am Montag: „Wir haben nie gesagt, dass wir die Straße von Hormus schließen werden.“ Die Widersprüche in der iranischen Außenpolitik widerspiegeln den inneren Machtkampf, der sich im Hinblick auf die bevorstehenden Parlamentswahlen am 2. März inzwischen erheblich verschärft hat. BAHMAN NIRUMAND