: Ärzte an kommunalen Kliniken wollen streiken
TARIFSTREIT Mediziner fordern 6 Prozent mehr Gehalt und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
BERLIN taz | Die Ärztinnen und Ärzte an den rund 600 kommunalen Kliniken in Deutschland wollen ab dem 26. Januar in einen voraussichtlich unbefristeten Streik treten. 92,7 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder unter den Ärzten hätten sich während der einmonatigen Urabstimmung dafür ausgesprochen, die Arbeit niederzulegen, um die Arbeitgeber zu einem besseren Tarifangebot zu zwingen. Das teilte die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) am Dienstag in Berlin mit. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) nannte das Votum „nicht überraschend“, betonte jedoch, sie strebe weiter ein „Tarifergebnis ohne Streik“ an.
Die Verhandlungen über höhere Gehälter für die rund 45.000 Ärztinnen und Ärzte in den kommunalen Krankenhäusern waren im Dezember gescheitert. 1,48 Prozent Lohnerhöhung hatten die Arbeitgeber damals geboten, bei einer Laufzeit von 16 Monaten. „Inakzeptabel und unter der Inflationsrate“, nennt der MB das. Die Ärzte – rund zwei Drittel von ihnen sind im MB organisiert – fordern 6 Prozent mehr Gehalt. Ein Assistenzarzt bekommt derzeit monatlich 3.735 Euro brutto, ein Facharzt 4.930 Euro. Vor allem aber wollen die Ärzte, Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Familie, eine tarifvertraglich garantierte Planbarkeit ihrer Bereitschaftsdienste. Die Ärzte wollen künftig mindestens einen Kalendermonat im Voraus wissen, wann sie zum Bereitschaftsdienst eingeteilt sind. Derzeit erfolgt das an manchen Kliniken offenbar eher auf Zuruf. Auch halten sie die Zahl ihrer Bereitschaftsdienste – monatlich 5 bis 9 – für zu hoch.
Die VKA appellierte, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ein Streik belaste vor allem die Patienten und verschärfe die finanziellen Nöte der Krankenhäuser. Die Gewerkschaft entgegnete, Notfallpatienten würden wie bei allen Streiks selbstverständlich versorgt; Gleiches gelte für dringliche Operationen und Therapien. Mehr über die „Streiktaktik“ werde aber noch nicht verraten.
Zuletzt hatten die Ärzte an den kommunalen Kliniken – diese machen knapp ein Drittel der etwa 2.000 Krankenhäuser aus – im Frühjahr 2010 gestreikt. Zweieinhalb Wochen später schlossen sie mit den Arbeitgebern eine lineare Gehaltssteigerung von 2 Prozent ab, eine Einmalzahlung von 400 Euro sowie Zeitzuschläge für Nachtarbeit in Höhe von 15 Prozent des Stundengehalts. Mit Ausnahme von Hamburg und Berlin gehören die meisten Krankenhäuser der Gebietskörperschaften der VKA an.
HEIKE HAARHOFF