: Flierl spielt Drei-Euro-Oper
Kultursenator Thomas Flierl plant Billigticket für arme Menschen. Statt 80 Euro sollen Stützeempfänger für die „Zauberflöte“ in der Deutschen Oper nur noch drei Euro zahlen
Der Kultursenator kennt seinen Brecht: Auch wenn es keine Drei-Groschen-Oper wird – dass die Drei-Euro-Oper in Berlin kommt, ist so gut wie sicher. In Absprache mit den landesgeförderten Bühnen will Thomas Flierl (PDS) ein Billigticket für arme Menschen einführen. „Die Häuser werden nicht verkaufte Restkarten für drei Euro an Bedürftige abgeben“, sagte sein Sprecher Torsten Wöhlert gestern. Auch wer wenig Geld hat, soll am kulturellen Leben teilhaben, so das Anliegen der Kulturverwaltung ganz im Brecht’schen Sinne.
Platz genug wäre da. Denn in Berlins Bühnen bleiben – von Erfolgshäusern wie der Philharmonie mal abgesehen – Abend für Abend 20 bis 30 Prozent der Sitze leer. Das Drei-Euro-Modell werde sich zum Beispiel an Arbeitslosengeld-II- oder Stützeempfänger richten, sagt Wöhlert. An Leute also, die schwerlich 80 Euro für eine Aufführung der „Zauberflöte“ in der Deutschen Oper ausgeben können, und für die selbst „normale“ Ermäßigungstarife unerschwinglich sind. Die Behörde und die Häuser nehmen gerade letzte Abstimmungen vor, laut Wöhlert kann das Angebot „sehr kurzfristig“ starten.
Das Prinzip, Restkarten drastisch verbilligt an Bedürftige zu vergeben, stammt aus Weimar: Am Nationaltheater gibt die Kasse dienstags und mittwochs Ein-Euro-Tickets heraus. Etwas teurer wird die Idee jetzt auch hier Wirklichkeit, Kulturexperten diskutieren sie schon länger. Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen, spricht sich zwar für einen Preis von zwei Euro aus, lobt aber dennoch die angekündigte Umsetzung: „Die Häuser werden finanziell nicht stärker belastet. Außerdem haben volle Reihen eine höhere Akzeptanz zur Folge.“
Ströver schlägt vor, das Billigticket mit dem „Wiener Modell“ zu kombinieren, das auch die CDU präferiert. Es funktioniert wie klassisches Mäzenatentum: In Österreichs Hauptstadt zahlen reiche Opernbesucher ein Ticket mehr als sie brauchen. Der Betrag geht an die Wohlfahrtsverbände. Bei denen können Bedürftige die Karte bestellen. Auch wenn das Drei-Euro-Ticket Vorrang hat, kann sich die Kulturverwaltung ein Nebeneinander gut vorstellen: „Die Systeme schließen sich nicht aus“, so Wöhlert. Doch ob der Zehlendorfer dem weltgewandten Wiener in puncto Wohltätigkeit das Wasser reichen kann? „Wer es immer wissen könnte, Mackie Messer weiß es nicht“ (noch einmal Bert Brecht). ULRICH SCHULTE