der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… sehnt sich nach einem Helden. Nach einem seinesgleichen, der stolz ist und schön, glamourös und mutig, und einer – das ist wohl die wichtigste Voraussetzung für ungehemmte Verehrung –, der Anerkennung gefunden hat bei den Heterosexuellen. Ohne den heterosexuellen Ritterschlag geht gar nichts. Aber wo lässt sich ein solcher Strahlemann finden?

Tote sind für die Heldenrolle gut geeignet. Wie wäre es also mit Magnus Hirschfeld? Abgelehnt: Der mutmaßliche Vorläufer aller schwulen Bewegungen hierzulande steht im Verdacht, ein Sozialdarwinist und Rassehygieniker gewesen zu sein. Und Charlotte von Mahlsdorf? Unterdrückte Gründerzeit-Tunte und Stasi-Spitzel? Will man das? Nein! Oder Rex Gildo, der sich aus dem Klofenster verabschiedet? Ole, Guido oder Patrick? Leider nein, schwule Helden gibt es nicht, nicht als role model und auch nicht als Pin-up, jedenfalls nicht hier und nicht heute.

Da sind die Amerikaner besser dran. Am 1. Mai küren sie in Philadelphia gleich 40 Personen, Paare und Institutionen zu Helden der Homo-Bewegung. Dazu gehören der radikale Aids-Aktivist Larry Kramer und der stockkonservative Kolumnist Andrew Sullivan, Rockröhre Melissa Etheridge und Tennisveteranin Martina Navratilova, der erste schwule Bischof der Anglikanischen Kirche, Gene Robinson, die Mutter des ermordeten schwulen Studenten Matthew Shephard, Judy Shephard, der Dramatiker Tony Kushner, TV-Star Ellen DeGeneres, der Kongressabgeordnete Barney Frank und und und. Der Musiksender MTV steht auch auf der Liste, für seine Kampagne gegen Homophobie, und einer ist sogar dabei aus Übersee: Volker Beck. Der Grünen-Politiker gilt den Amerikanern als „Vater der deutschen Schwulenbewegung“ und verdienter Wegbereiter der Homo-Ehe.

Was für eine Auszeichnung! Ohne Zweifel, Beck hat seine Karriere gemacht, mit Bravour auf dem Homoticket, und ist damit noch lange nicht am Ende. Böse Zungen behaupten, er wechsele sofort das Lager, wenn es für die Grünen keine Zukunft mehr gibt. Er gehört ganz sicher zu den größten Opportunisten seiner Partei, und das will was heißen, gibt es da doch viele dieser Spezies. Beck hat es verstanden, quasi aus dem Nichts kommend, sich mit dem LSVD eine kleine, aber feine Lobby-Gruppe aufzubauen, die so lange die Medien penetriert hat, bis jeder glaubte, Beck und seine Mannen seien die einzig gültige Repräsentanz aller Homosexuellen hierzulande. Das trifft sich gut mit dem Interesse der Öffentlichkeit, bei den Minderheiten nicht auch noch zu differenzieren. Das Pack kann froh sein, wenn es überhaupt zu Wort kommt!

Nein, Volker Beck ist kein Held, wahrlich nicht. Aber der ideelle Gesamt-Homo, der es geschafft hat mit der Anpassung und allen anderen mit der Homo-Ehe das Instrumentarium an die Hand gab, es ihm gleich zu tun. Zwar bedeutet die „eingetragene Partnerschaft“ keineswegs das Ende der Diskriminierung, hilft aber, in gute und in böse Homos aufzuteilen. Beck ist der beste der Guten, adrett und doppelzüngig, auf der richtigen Schleimspur und ohne jeglichen Anstand. Die Amis werden wissen, warum sie ihn gewählt haben, und hier in Deutschland kommt man auch noch dahinter.