: Unwissenheit schützt vor Strafe
Ein Student verschwieg im BAföG-Antrag versehentlich ein Sparbuch. Das Amtsgericht, wo er wegen Betrugs angeklagt war, stellte das Verfahren ein
Eigentlich wollte und brauchte Timm L. gar keine staatlichen Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG. Doch für seinen Auslandsaufenthalt in Brasilien im Jahr 2008 wurde dem damaligen Bremer Studenten ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Aussicht gestellt. Unter der Voraussetzung, nicht BAföG-berechtigt zu sein.
Timm L. beantragte also die Förderung mit dem Vermerk: „Ich würde mich über eine Ablehnung des Antrags sehr freuen.“ Der Antrag wäre auch wie gewünscht abgelehnt worden – wenn der 27-Jährige damals sein Sparvermögen von 20.000 Euro angegeben hätte, erklärte am Donnerstag L.s Anwalt Ralf Gorski. Dieser vertrat ihn vor dem Bremer Amtsgericht, vor dem er sich wegen Betrugs verantworten musste.
Sein Mandant habe das Sparbuch versehentlich nicht angegeben, versichert Gorski vor Gericht. Und auch L. schildert, wie er und seine Eltern die Antragsformulare nach bestem Gewissen ausgefüllt hatten – und die 20.000 schlichtweg vergessen hatten. Seine Eltern würden gut verdienen, sagt der sichtlich nervöse L., der kein Interesse daran hatte, Vermögen zu verschweigen, da er gar kein BAföG wollte. Und sein Anwalt rechnet vor, dass sich sein Mandant durch die fehlenden Angaben keinen Vermögensvorteil verschafft habe. Im Gegenteil.
Der Grund: BAföG-Leistungen werden direkt vom Stipendiumsbetrag abgezogen. Somit erhielt Timm L. im Zeitraum August bis Dezember 2008 anstatt der etwa 3.500 Euro Vollstipendium nur 1.475 Euro vom DAAD – plus 1.065 Euro Ausbildungsförderung. Außerdem musste er die zu Unrecht bezogenen BAföG-Leistungen zurückzahlen. Aufgefallen war der vermeintliche Betrug nur deshalb, weil er das Sparvermögen in einem Folgeantrag angegeben hatte.
Auch Staatsanwalt und Richterin konnten bei dieser simplen Rechnung keinen Vermögensvorteil seitens des Angeklagten erkennen und stellten das Verfahren nach 15-minütiger Verhandlung ein. Torben Dittmer