Keiner vertraut Carstensen

SCHLESWIG-HOLSTEIN Bei der heutigen Vertrauensfrage wird ein klares Votum gegen Carstensen erwartet. Bis zur Wahl wollen SPD, Grüne und SSW zusammenarbeiten

VON GORDON REPINSKI

Wenn heute der Kieler Landtag zusammentrifft, kann sich Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) auf eines verlassen: Keiner wird ihm vertrauen. Dies sagen zumindest führende Landespolitiker vor der Abstimmung. Demnach werden die Fraktionen von FDP, Grünen und SSW gegen Carstensen stimmen, die CDU sich enthalten. Die SPD entscheidet offiziell erst am Morgen, Beobachter gehen von einer Ablehnung aus. Damit wird Carstensen die notwendige Mehrheit von 50 Prozent Ja-Stimmen klar verpassen. Am 27. September wird dann neu gewählt.

Für die Grünen bestätigt dies Fraktionschef Karl-Martin Hentschel: „Wir werden geschlossen mit Nein stimmen“, sagt er, „taktische Spielchen würde niemand mehr verstehen.“ Das „Ende einer elendigen Schlammschlacht“ erhofft sich der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Heiner Garg. Garg betont, die FDP habe schon „seit zwei Jahren kein Vertrauen mehr in die Regierung“. Auch Anke Spoorendonk vom SSW sagt: „Wir stimmen gegen Carstensen.“

Einzig die SPD hat sich offiziell noch nicht festgelegt. Der Landesvorsitzende Ralf Stegner sagt jedoch: „Es ist klar, dass wir Carstensen kein Vertrauen aussprechen.“ Nach den Entlassungen der SPD-Minister wird mit einer Ablehnung gerechnet. Die CDU wird sich nach Auskunft des Parlamentarischen Geschäftsführers Torsten Geerds enthalten, entscheidet allerdings auch endgültig am Morgen.

Parallel ist der Streit über die Vertrauensfrage neu entbrannt. Man habe „sich manipulativ ein Misstrauen bestellt, was gar nicht vorliegt“, beklagte der ehemalige Verfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz, „dies muss verfassungsrechtlich überprüft werden.“ Der Grüne Hentschel erwartet nach der Abstimmung Klagen von Abgeordneten.

Das Ende der Koalition macht bis zum Neuwahltermin bei einzelnen Initiativen den Weg frei für neue Bündnisse. So planen SPD, Grüne und SSW – die sogenannte Dänen-Ampel – eigene Anträge. Das Bündnis, welches schon vor vier Jahren eine Zusammenarbeit vereinbart hatte, kann in der verbleibenden Parlamentswoche im September nun an CDU und FDP vorbei eigene Mehrheiten organisieren.

Es gibt bereits konkrete Vorschläge. Nach Auskunft des Grünen Hentschel ist SPD-Mann Ralf Stegner mit Ideen an ihn herangetreten. Zur taz sagte Stegner, er könne sich vorstellen, zusammen mit Grünen und SSW den Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert (Grüne) gegen den Willen der CDU zu bestätigen und das geplante Kohlendioxid-Endlager zu stoppen. „Auch bei einer Verlängerung der Bleiberechtsregelung sind wir offen“, sagte Stegner. Auch der Grüne Hentschel zeigt sich offen: „Es wird ab sofort wechselnde Mehrheiten geben.“ Anke Spoorendonk (SSW) sieht auch darüber hinaus Gemeinsamkeiten: „Wenn es nach einer Wahl wieder auf uns ankommen sollte, stehen wir auch für eine Regierungsbeteiligung zur Verfügung.“