: Gleiches Recht für alle
Weil Ein-Euro-Jobber nicht als Arbeitnehmer gelten, genießen sie auch keinen Schutz durch Betriebsräte. Doch jetzt wollen Hamburger ver.di-Gewerkschafter Interessenvertretungen für die Billigarbeiter gründen und fordern sogar Tarifverhandlungen
Von Eva Weikert
Sie sind arbeitslos, leben von Stütze und arbeiten unter Androhung von Leistungsentzug: Ein-Euro-Jobber erhalten noch dazu keine Arbeitsverträge und genießen allenfalls rudimentäre Arbeitnehmerrechte. Doch jetzt hat der Erwerbslosenrat der Hamburger ver.di-Gewerkschaft die Gründung von Interessenvertretungen für die 10.000 Langzeitarbeitslosen beschlossen, die in der Hansestadt für einen bis zwei Euro die Stunde malochen. Zugleich verabschiedete das Gremium aus arbeitslosen Mitgliedern einen Antrag an den ver.di-Vorstand, Tarifverhandlungen für die Ein-Euro-Kräfte aufzunehmen.
Eigentlich lehnen die Gewerkschaften die mit dem Hartz IV-Gesetz eingeführten Arbeitsgelegenheiten ab. Der Gesetzgeber verspricht den Arbeitslosengeld-II-Beziehern, die zu dem Zehnmonatsdienst verpflichtet sind, bessere Vermittlungschancen. Die Gewerkschaften füchten indes die Verdrängung fester Stellen. „Reguläre Arbeit wird durch die Ein-Euro-Jobs weiter zurückgedrängt, auch zersetzen sie das Tarifgefüge“, warnt Klaus Hauswirth, der den Erwerbslosenrat im ver.di-Vorstand vertritt. Trotz seiner Ablehnung hat Hauswirth die Gründung einer Interessenvertretung für die Billigjobber mit angestoßen: „Es kann nicht sein, dass diese Menschen in einem rechtlosen Raum arbeiten.“
Die Interessenvertretungen sollten bei den Trägern der Jobs installiert werden. Aufgabe wäre etwa, die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften zu überwachen sowie die Fortzahlung der „Aufwandsentschädigung“ im Urlaub und bei Krankheit. Zugleich sei die Bereitstellung einer Monatskarte für den HVV durchzusetzen, welche die Jobber zur Zeit selbst zahlen müssen. „Ganz wichtig ist auch das Recht zur Teilnahme an Betriebsratswahlen“, mahnt Hauswirth.
Nach dem Gesetz gelten Ein-Euro-Jobber nicht als Arbeitnehmer. Die Vorschriften des Arbeitsschutzes und des Bundesurlaubsgesetzes seien zwar anzuwenden, steht da. Doch Hauswirth weiß von Beschwerden über „eine Menge Willkür“ wie ungenügenden Arbeitsschutz und Verweigerung der Fortzahlung im Urlaub. Der Erwerbslosenrat wolle darum auch eine Anlaufstelle einrichten, die Diskriminierungen dokumentiert.
Die Betriebsräte können die Stützebezieher „nur ganz eingeschränkt vertreten“, sagt der Harburger Arbeitsrechtler Rolf Geffken. Da der Job kein Arbeitsverhältnis begründet, unterlägen die Arbeiter nicht dem Betriebsverfassungsgesetz. Die Betriebsräte hätten lediglich Informationsrecht, Handlungmöglichkeiten dagegen nicht: Die Mitwirkung „beschränkt sich auf Beratung in der Sprechstunde“.
Berno Schuckart, Betriebsrat für die auch Ein-Euro-Jobber beschäftigenden Einrichtungen der Diakonie, hält Interessenvertretungen darum für eine „hervorragende Idee“. Betriebliche Mitbestimmung sei trotz der Befristung des Jobs „sehr wichtig“. Schuckart, der auch im ver.di-Vorstand sitzt, kündigte an, die Initiative mitzutragen.
„Politisch unterstützen“ will er zudem die Forderung des Erwerbslosenrates nach Tarifverhandlungen für Ein-Euro-Jobber. Am 26. April soll die Hamburger ver.di-Spitze zu den Arbeitskampfplänen Stellung nehmen. Hauswirth betont: „Das Wichtigste ist die politische Debatte.“ Denn mit Tarifgesprächen wären die Ein-Euro-Jobs gekippt.