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Reformkonzept „völlig untauglich“

Die geplante Neuorganisation der defizitären Bremer Krankenhäuser stößt bei Beschäftigten und Anwohnern auf Protest. Auch Ex-Krankenhausplaner Wilfried Bolles zählt zu den Kritikern: „Staat nicht aus Verantwortung entlassen“

Senatorin Röpke (SPD) werde die Pläne „nicht umsetzen“, sagt Wilfried Bolles

Bremen taz ■ Der Streit um die Umorganisation der vier Kliniken in Ost, Mitte, Nord sowie Links der Weser geht in eine neue Runde. Die Stadt, so der Vorwurf, komme ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach, weiterhin eine bedarfsgerechte Versorgung zu finanzieren. Kritik kommt dabei nicht nur aus den Reihen der Arbeitnehmervertreter, Kritik kommt auch vom langjährigen Krankenhausplaner Wilfried Bolles. Nicht überall ist der Widerstand der betroffenen Bevölkerung jedoch so groß wie im Bremer Osten: Zu einer Diskussionsveranstaltung der Gewerkschaft ver.di im Gemeinschaftszentrum Obervieland am Krankenhaus Links der Weser kamen am Donnerstagabend nur rund 40 Personen.

In den vier ehemals kommunalen Krankenhäusern sollen bis 2009 nach Gewerkschaftsangaben rund 1.900 Vollzeitstellen abgebaut werden. Von Arbeitsplatzverlust betroffen werden weitaus mehr Beschäftigte sein, von denen viele in Teilzeit arbeiten.

Nach dem Willen der gemeinnützigen Holding „Gesundheit Nord“, die die vier Krankenhäuser unter ihrem Dach vereint, soll das Klinikum Mitte zum einzigen großen Krankenhaus der Stadt aufsteigen: Rund 1.100 Betten könnten dort künftig stehen, etwa so viele wie in den anderen drei Krankenhäusern zusammen. Die Planer gehen davon aus, dass die Kliniken in Zukunft weitgehend ohne staatliche Unterstützung auskommen müssen. Der ehemalige Krankenhausplaner Wilfried Bolles, der mehr als 20 Jahre für die bremische Krankenhausfinanzierung zuständig war, hält das für einen „großen Fehler“. Der Staat dürfe nicht aus seiner finanziellen Verantwortung entlassen werden, warnt Bolles. „Bremen steht in der gesetzlichen Verpflichtung, eine bedarfsgerechte Versorgung zu bezahlen.“ Diesen Anspruch auf Steuergelder dürfe man „auf keinen Fall“ aufgeben, so Bolles. Es sei auch angesichts knapper öffentlicher Kassen „rechtswidrig“, mit Hilfe der Fallpauschalen der Krankenkassen Investionen zu finanzieren. Genau das aber hatte die Holding angekündet, kritisiert der Betriebsratsvorsitzende des Krankenhauses Ost, Lothar Schröder.

Allein in seinem Haus stünden fast 1.900 Arbeitsplätze zur Disposition, sollten die Pläne der Holding Wirklichkeit werden. „Das kommt einer Schließung gleich“, warnt Schröder. Am Mittwoch will sich eine Bürgerinitiative „Rettet das Krankenhaus im Bremer Osten“ gründen.

Bolles nimmt die Pläne der Holding allerdings „nicht so ganz ernst“. Die Berechnungen seien „völlig untauglich“, es fehle an aussagefähigen Zahlen, auch eine Analyse des konkreten Reformbedarfs suche man vergebens.

Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) hatte in der Vergangenheit betont, es sei politisch wie fachlich sinnvoll, das Klinikum Mitte zum „Maximalversorger“ auszubauen – auf Kosten der übrigen Kliniken. Röpke werde die Pläne der Holding „nicht umsetzen“ – da ist Bolles sicher und Schröder ebenso.

Auch der Arzt und Unternehmensberater Hans-Georg Güse kritisiert die Pläne vom Mega-Krankenhaus. Sie seien wirtschaftlich „nicht sinnvoll“. Studien der Hochschule St. Gallen kämen zu dem Ergebnis, dass Kliniken mit mehr als 1.000 Betten unwirtschaftlich seien. Gerade das Klinikum Mitte sei schon jetzt ein „Sanierungsfall“, sagt Güse.

Bei Fortschreibung des Status quo würde die ab 2008 für alle Bremer Krankenhäuser geltende Pauschale von 2.880 Euro pro behandeltem Fall im Klinikum Mitte um satte 370 Euro überschritten. Kein Krankenhaus in Bremen sei so teuer, rechnete Güse vor, selbst 19 Jahre lang links der Weser tätig. Das Klinikum Ost liegt seinen Worten zufolge um 220 Euro über dem künftigen Richtwert, das Krankenhaus Links der Weser immer noch um 150 Euro. Einzig das Klinikum Nord könne gegenüber der Fallpauschale der Krankenkassen noch ein Plus von 90 Euro erwirtschaften. Güse erwartet für die vier Kliniken jährliche Einnahmeausfälle um 22,6 Millionen Euro ab dem Jahr 2008. „Und die Lage wird eher noch schlechter.“ Seine Vermutung: Die Holding wolle das Klinikum Mitte sanieren – auf Kosten der übrigen Krankenhäuser in der Stadt. Dennoch, so Güse, seien alle Bremer Krankenhäuser „tendenziell defizitär“.

Würden dazu die in dem Strategiekonzept vorgesehenen Neubauten im Klinikum Mitte realisiert, müssten dort pro behandeltem Patienten 25 Prozent der Kosten eingespart werden. „Das hat noch kein Krankenhaus geschafft, sagt Güse. frs

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