: Niedersachsens SPD zieht gegen Wulff vor Gericht
SUMPF Die Landesregierung soll 2009 die private Partyreihe „Nord-Süd-Dialog“ mitbezahlt haben
HANNOVER taz | Die Affäre um Bundespräsident und Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen , Christian Wulff (CDU), wird ein Fall für den niedersächsischen Staatsgerichtshof. Wegen Falschinformation des Parlaments über die Partyreihe „Nord-Süd-Dialog“ will die SPD Wulff vor dem Verfassungsgericht des Landes verklagen, kündigte SPD-Landtagsfraktionschef Stefan Schostok am Sonntag an.
2010 hatte die schwarz-gelbe Landesregierung auf SPD-Anfrage hin erklärt, die Events seien Privatveranstaltungen des Partyorganisators Manfred Schmidt gewesen. „Es gibt keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land“, so die Antwort des damaligen Staatskanzleichefs Lothar Hagebölling – heute Chef des Bundespräsidialamtes.
Kochbücher als Geschenk
Daran mehren sich Zweifel: Am Donnerstag letzter Woche wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover wegen des Verdachts der Bestechlichkeit gegen Wulffs Exsprecher Olaf Glaeseker bekannt. Im Gegenzug für Sponsorenwerbung soll er gratis in Schmidt-Ferienhäusern geurlaubt haben. 15.000 Euro soll Glaeseker 2009 als Staatssekretär beim Ölkonzern Exxon eingeworben haben, beim Energiekonzern RWE 25.000 Euro, berichtet der Spiegel.
Und auch direkt sollen Landesgelder geflossen sein: Kochbücher als Geschenke für die „Nord-Süd“-Gäste hat das Landwirtschaftsministerium laut Medienberichten 2009 mit 3.411 Euro finanziert. Glaeseker hat zudem bei der Medizinischen Hochschule, einem Landesbetrieb, Studierende als Hilfskräfte für die Sause angefordert.
„Zweifelsfrei“ sei damit belegt, dass die Regierung Wulff 2010 falsch informiert und die Landesverfassung gebrochen habe, sagt SPD-Fraktionschef Schostok. Danach sind Anfragen „unverzüglich und vollständig“ zu beantworten. Eine Abstimmung des Parlaments braucht die Opposition für eine Klage nicht. Der SPD-Abgeordnete Heiner Bartling, der die Anfrage 2010 gestellt hatte, will sein individuelles Klagerecht nutzen.
Wulff selbst sagte am Sonntag, er seit bereit, sich gegenüber der Staatsanwaltschaft zu äußern. Vorwürfe gegen ihn gibt es aus seiner Sicht aber bisher nicht. Die Staatskanzlei habe damals „nach bestem Wissen und Gewissen“ geantwortet – von den Verstrickungen seines Exsprechers und engen Vertrauten habe er nichts gewusst, beteuert Wulff.
Zunehmend unter Druck gerät in Niedersachsen auch die aktuelle Landesregierung unter Ministerpräsident David McAllister (CDU): Sie hatte vergangene Woche eine Landesbeteiligung an den „Nord-Süd-Dialogen“ abgestritten. Am Freitag musste Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) dann den Einsatz der Studierenden einräumen. SPD-Fraktionschef Schostok unterstellt Möllring „gezielte Irreführung, um Wulff zu schützen“. Und kündigt an, auch gegen ihn eine Klage zu prüfen.
TERESA HAVLICEK