: Alle schimpfen auf Griechenland
EUROKRISE Die EU lehnt Einigung zur Umschuldung ab – und droht Athen mit Entzug neuer Hilfen. Immerhin kommt der neue Rettungsschirm ESM voran. Aber Streit über die Höhe
VON ERIC BONSE
BRÜSSEL taz | Die EU-Finanzminister sind sauer auf Griechenland. Das hoch verschuldete Land habe die europäischen Sparauflagen nicht umgesetzt und die Ausgaben nicht wirklich gesenkt, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Dienstag in Brüssel. Außerdem falle der geplante Schuldenschnitt zu gering aus. Die Regierung in Athen sei den privaten Gläubigern – Banken, Versicherungen und Hedgefonds – zu weit entgegengekommen und müsse nun noch einmal nachverhandeln.
Damit ist die Pleite des hoch verschuldeten Landes wieder näher gerückt. Denn ohne die geplante Umschuldung und neue harte Budget-Einschnitte will die Eurozone keine neuen Hilfen für Griechenland freigeben. Athen bleibt nur noch bis Mitte Februar Zeit, alles unter Dach und Fach zu bringen – sonst droht ein Zahlungsausfall. „Die Zeit läuft ab“, sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager. „Die griechische Programm ist aus der Spur geraten“, kritisierte Juncker.
Dass dies auch an unrealistischen Auflagen liegen könnte, kam den Ministern allerdings nicht in den Sinn. Dabei war es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) höchstpersönlich, die beim EU-Gipfel im Oktober die Vorgaben für den geplanten Schuldenschnitt ausgehandelt hatte. Die privaten Gläubiger sollten auf 100 Milliarden Euro verzichten und 50 Prozent der Schulden erlassen, forderte sie. Im Gegenzug sollen sie neue Anleihen erhalten – doch zu welchen Konditionen, ließ Merkel offen. Genau darum kreist nun der Streit.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hat zwar Merkels Vorgaben umgesetzt. Doch die 4 Prozent Zinsen, die er für die neuen Anleihen zahlen will, sind den EU-Kollegen zu hoch. Damit werde das Ziel, Griechenlands Schulden bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken, nicht erreicht, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Brüssel. Venizelos müsse noch einmal nachsitzen und bessere Bedingungen herausschlagen.
Das wird nicht leicht: Denn die privaten Gläubiger sind nicht bereit, Griechenland noch weiter entgegenzukommen. Einige Hedgefonds haben schon damit gedroht, eine Einigung zu blockieren oder gegen ein unerwünschtes Ergebnis vor Gericht vorzugehen. Sie spekulieren offenbar darauf, dass Athen pleitegehen könnte. Dann könnten die Fonds die umstrittenen Kreditausfallversicherungen einlösen – und abkassieren. Dies wäre nicht nur für Griechenland, sondern für die gesamte Eurozone fatal. Denn dann geriete die gesamte Eurorettung in Gefahr.
Allerdings gab es auch gute Nachrichten aus Brüssel: Die Finanzminister beschlossen, den neuen Rettungsschirm ESM bereits im Juli einzuführen. Der dauerhafte Hilfsfonds mit einem Barkapital von 80 Milliarden Euro startet damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Allerdings gibt es Streit über die Größe des Schirms. Bisher sind 500 Milliarden Euro vorgesehen. Italien fordert eine Verdoppelung, Deutschland ist dagegen.