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Archiv-Artikel

Das Kleingedruckte: Dokumentation der taz-Fragen an „Bild“ und der Selbstbefragung von „Bild“

Lieber Herr Dachsel, vielen Dank für Ihre Geduld. Anbei, wie gewünscht, die Antworten auf Ihre Fragen. Um Ihnen die Arbeit in den nächsten Tagen zu erleichtern, haben wir uns erlaubt, alle weiteren möglichen Fragen, die Sie sich stellen könnten, schon einmal zu formulieren – und auch gleich zu beantworten. Dabei haben wir an einigen Stellen die von uns normalerweise strikt eingehaltene Recherchevertraulichkeit aufgegeben. Dies betrifft die Fragen, die den Kern der Kreditaffäre um Christian Wulff betreffen und die damit von übergeordnetem Interesse sind. Damit wollen wir zur größtmöglichen Transparenz beitragen. Zum besseren Verständnis haben wir Ihre Fragen ebenfalls so gut wie möglich in den chronologischen Fragenkatalog eingeordnet und gekennzeichnet. Viele Grüße, Tobias Fröhlich, Axel Springer AGHier die Anfrage der taz und die Antwort der Axel-Springer-Pressestelle im Wortlaut. Die fett markierten Fragen hat die taz gestellt. Die kursiv gesetzten Fragen hat Bild sich selbst gestellt. Und selbst beantwortet. „Bild“: Trifft es zu, dass BILD bereits im Frühjahr 2009 im Grundbuchamt Burgwedel die Grundbuchauszüge für den Lührshof 8 in Großburgwedel beantragt hat? Antwort: Ja, im Frühjahr 2009 stellte BILD-Reporter Nikolaus Harbusch per Fax im Grundbuchamt Burgwedel Antrag auf Einsicht in das Grundbuch. Dieser Antrag wurde wiederholt abgelehnt. Zunächst durch den Sachbearbeiter, im Anschluss durch die Direktorin des Amtsgerichts. taz: Am Sonntag, den 11. Dezember 2011, konfrontierte Bild-Redakteur Martin Heidemanns Olaf Glaeseker, den damaligen Sprecher des Bundespräsidenten Christian Wulff, mit den Recherchen zum Hauskredit des Ehepaar Wulffs. Gab es vor diesem Kontakt, am 11. Dezember 2011 oder in den drei Wochen davor, bereits einen Kontakt zwischen Heidemanns und Glaeseker beziehungsweise zwischen Heidemanns und Christian Wulff (per Telefon, Mail oder persönlich)? Bereits am Donnerstag, den 24. 11. 2011, also einen Tag vor dem Beginn der Kreditumwandlung von Christian Wulff, gab es eine Recherche von BILD zu diesem Thema, die zu einer Beschwerde des Pressesprechers im Auftrag des Bundespräsidenten am darauffolgenden Tag geführt hat. Einer Aufforderung des Bundespräsidialamtes an Kai Diekmann nach einer Entschuldigung für die Recherchen in Großburgwedel wurde selbstverständlich nicht entsprochen. Dazu gab es keinen Grund. Unser Reporter hatte lediglich den Vorbesitzer der Wulff-Immobilie aufsuchen wollen. Er wollte den Vorbesitzer fragen, wer den Kaufpreis überwiesen hatte. „Bild“: Gibt es aus Ihrer Sicht einen Zusammenhang zwischen der BILD-Recherche beim Vorbesitzer am Donnerstag, den 24. 11. 2011, und dem Beginn der Kreditumwandlung am Freitag, den 25. 11. 2011? Das können wir natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, allerdings liegt es aus unserer Sicht nahe. Eine abschließende Antwort könnte nur der Bundespräsident selber geben. „Bild“: Trifft es zu, dass die BILD-Zeitung schon am Montag, den 28. 11. 2011, Fragen an den Bundespräsidenten geschickt hat? Das ist richtig. „Bild“: Was genau wurde gefragt? Die Frage lautete: Im Zusammenhang unserer Recherche zum Beschluss des BGH V ZB 47/11 bitten wir Herrn Bundespräsident Wulff um Beantwortung nachfolgender Fragen: 1. Wann haben Sie den Darlehensvertrag mit der BW-Bank abgeschlossen, den Sie mit der Briefgrundschuld (Immobilie Lührshof 8) besichert haben? 2. Warum haben Sie der BW-Bank die Benachrichtigungsvollmacht für das Grundbuchamt am 27. Juni 2010 erteilt? Ist der Darlehensvertrag mit der BW-Bank zu diesem Zeitpunkt geschlossen worden? „Bild“: Wann hat BILD Antworten erhalten? Am Dienstag, den 29. November 2011, schrieb Glaeseker: „Vielen Dank für Ihre Fragen. Deren Beantwortung wird einige Zeit in Anspruch nehmen, da sich der Bundespräsident auf Auslandsreise befindet.“ Am Mittwoch, den 30. November 2011, kam die Antwort. „Bild“: Was hat das Bundespräsidialamt geantwortet? Es hat wie folgt geantwortet: „1. Der Rahmenvertrag für Geldmarktkredite mit Bankdatum vom 18. 03. 2010 wurde durch Unterzeichnung am 21. 03. 2010 abgeschlossen. Die Benachrichtigungsvollmacht wurde ursprünglich zusammen mit dem Rahmenvertrag für Geldmarktkredite am 18. 03. 2010 durch die Bank erstellt und ebenfalls am 21. 03. 2010 unterzeichnet. Die Vollmacht wurde am 06. 04. 2010 an das Amtsgericht Burgwedel -Grundbuchamt- zur Bestätigung gesandt, der Eingang wurde der Bank am 08. 04. 2010 vom Grundbuchamt bestätigt. Das Formular wurde jedoch mit dem Hinweis zurückgesandt, dass es einen Fehler enthalte: Unter der Bezeichnung „Bevollmächtigter“ stünden die Kundennamen anstatt die Bankbezeichnung. Da für Ende Juni 2010 seit längerem ein Kundentermin der BW-Bank vor Ort terminiert war, hatte die Bank zur erneuten Unterschriftseinholung am 23. 06. 2010 eine korrigierte Fassung der Benachrichtigungsvollmacht erstellt und dem Kundenberater mit auf den Weg zum Kundentermin gegeben. Die Unterzeichnung erfolgte am 27. 06. 2010. Diese korrigierte Vollmacht wurde am 19. 07. 2010 erneut an das Amtsgericht Burgwedel -Grundbuchamt- mit der Bitte zur Bestätigung gesandt. Die Bestätigung erfolgte mit Dienstsiegel am 26. 07. 2010 und ging bei der BW-Bank am 28. 07. 2010 ein. Der Vorgang war damit abgeschlossen.“ „Bild“: Trifft es zu, dass ein BILD-Redakteur am Dienstag, den 6. 12. 2011, Einsicht in den Kreditvertrag, den das Ehepaar Wulff mit Edith Geerkens abgeschlossen hatte, nehmen durfte? Ja, am Dienstag, den 6. 12. 2011, war BILD-Redakteur Martin Heidemanns im Bundespräsidialamt und hatte Einsicht in den Vertrag. „Bild“: Stimmt es, dass der BILD-Reporter nur Einsicht hatte aufgrund der Zusage, den Namen nicht zu verwenden? Hat der Reporter diese Zusage gegeben? Nein, auf eine solche Bedingung ist der Redakteur nicht eingegangen. Im Gegenteil: Er hat ausdrücklich erklärt, dass er eine solche Zusage nicht gibt. „Bild“: Stimmt es, dass Olaf Glaeseker am Sonntag, den 11. Dezember 2011, per SMS nachgefragt hat, ob von BILD noch Fragen kommen? Das ist korrekt. Am Sonntag, den 11. Dezember 2011, um 6.39 Uhr schickte der ehemalige Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, folgende SMS: „Lieber Herr Heidemanns, ich höre, dass sich ggf noch Fragen für Sie ergeben haben. Lassen Sie mich wissen, worum es geht? Ich würde gerne – so weit ich es kann – für Erhellung sorgen. Besten Gruß aus Doha, Ihr Olaf Glaeseker.“ „Bild“: Welche konkreten Fragen hat BILD dem Bundespräsidenten am Sonntag, den 11. 12. 2011, gestellt? Am Sonntag, den 11. 12. 2011, um 6.49 Uhr stellte BILD-Redakteur Martin Heidemanns dem Pressesprecher des Bundespräsidenten, Olaf Glaeseker, folgende Fragen per E-Mail: „Sehr geehrter Herr Glaeseker, im Zusammenhang mit unserer Recherche zum Beschluss des BGHV ZB 47/11 vom 17. August 2011 bitten wir Herrn Bundespräsident Wulff freundlich um Beantwortung folgender Frage: Am 18. Februar 2010 ließen Sie als Ministerpräsident die Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Ursula Helmhold, ob es ‚geschäftliche Beziehungen‘ zwischen Ihnen und Herrn Egon Geerkens gegeben habe, laut Landtagsdrucksache (Stenographischer Bericht der 63. Sitzung der 16. Wahlperiode) durch Ihre Staatskanzlei wörtlich erklären: ‚Zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften hat es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben.‘ 1. Warum haben Sie dem Landtag verschwiegen, dass eine ‚geschäftliche Beziehung‘ zwischen Ihnen und der mit Egon Geerkens in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Edith durch einen im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag über 500.000 Euro besteht? 2.Teilen Sie die Auffassung, dass Sie den Landtag in diesem Zusammenhang bewusst getäuscht haben? 3. Wie haben Sie die 500.000 Euro erhalten? Per Überweisung aus Deutschland, der Schweiz, der USA – oder bar? Oder auf welche andere Weise? 4. Warum haben Sie den im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag wenige Wochen nach der parlamentarischen Anfrage gekündigt und durch einen Darlehensvertrag mit der BW Bank abgelöst – obwohl der Darlehensvertrag noch bis November 2013 lief? 5. Wann und in welcher Form haben Sie das Darlehen zurückgezahlt? 6. Gab es vor dem Jahr 2000 geschäftliche Beziehungen zwischen Ihnen, dem CDU-Kreisverband Osnabrück, dem CDU-Landesverband Niedersachsen bzw. dem Land Niedersachsen und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens als Gesellschafter beteiligt waren? Ich bitte freundlich um Beantwortung der Fragen bis Sonntag, 16 Uhr MEZ.“ „Bild“: Warum wurden die BILD-Fragen an Christian Wulff bzw. das Bundespräsidialamt frühmorgens um 6.49 Uhr verschickt? Der Bundespräsident befand sich zu diesem Zeitpunkt im Ausland. Aufgrund der Zeitverschiebung war es in der Golfregion 9.49 Uhr. Wir wollten dem Bundespräsidenten ausreichend Zeit zur Beantwortung geben. „Bild“: Hat Olaf Glaeseker Ihnen den Eingang der Fragen bestätigt? Ja, Am Sonntag, den 11. Dezember 2011, um 8:42 Uhr, erhielt BILD-Reporter Martin Heidemanns folgende SMS von Olaf Glaeseker: „Lieber Herr Heidemanns, Dank für die Fragen. Seien Sie sicher, dass ich mich um eine zeitnahe Beantwortung der Fragen bemühe. Ob es allerdings bis 16 Uhr gelingt, bezweifel ich. Wie ich Ihnen gesagt habe, befinden wir uns auf Golfreise und haben ein dichtgedrängtes Programm. Ihr gl“ „Bild“: Trifft es zu, dass das Bundespräsidialamt um eine Verschiebung der Berichterstattung gebeten hat? Das ist richtig. Das Bundespräsidialamt hat am Sonntag, den 11. 12. 2011, um Aufschub gebeten. Um 11:48 Uhr schrieb Olaf Glaeseker, per SMS: „Lieber Herr Heidemanns, mein Vorschlag: Lassen Sie uns unmittelbar nach meiner Rückkehr nach D treffen. Wir werden Ihnen dann umfassend Rede und Antwort stehen. Ihr gl“ Die Verschiebung um einen Tag wurde auch gewährt mit dem Hinweis, dass eine darüber hinausgehende Verschiebung der Veröffentlichung nicht möglich sei. Hier der Wortlaut von Sonntag, dem 11. Dezember 2011, um 12.11 Uhr: „Lieber Herr Glaeseker, nach Rücksprache mit dem Chefredakteur sind wir gerne bereit, die Berichterstattung um einen Tag zu verschieben. So haben Sie die Gelegenheit, die Fragen bis morgen 16 Uhr (MEZ) zu beantworten. Wir bitten um Verständnis, dass ein weiterer Aufschub der geplanten Berichterstattung danach nicht möglich ist. Mit freundlichen Grüßen Martin Heidemanns“ „Bild“: Hat BILD Christian Wulff auch Fragen zu seiner Ehefrau gestellt? Nein, es wurden keine Fragen zu seiner Ehefrau gestellt. „Bild“: Trifft es zu, dass am Montag, den 12. 12. 2011, die Fragen erneut gestellt worden sind? Das ist korrekt. Am Montag, den 12. Dezember, um 9:31 Uhr, wurden die Fragen erneut gestellt. Allerdings wurde eine Frage ergänzt. „Bild“: Welche Zusatzfrage wurde am Montag, den 12. 12. 2011, gestellt? 7. Trifft es zu, dass Herr Geerkens an mehreren dienstlichen Auslandsreisen des Ministerpräsidenten Wulff teilgenommen hat? Wenn ja – wie oft, wohin und in welcher Funktion? An welchen offiziellen Veranstaltungen des Ministerpräsidenten Wulff und des Bundespräsidenten Wulff hat Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens teilgenommen? Und in welcher Funktion? „Bild“: Hat Olaf Glaeseker Ihnen die Beantwortung der Fragen zugesagt? Ja. Am Montag, den 12. Dezember 2011, um 11:13 Uhr, schrieb Olaf Glaesker per SMS: „Sehr geehrter Herr Heidemanns, wir sind sehr bemüht, Ihnen Antworten bis 16 Uhr zukommen zu lassen. Besten Gruß, Ihr Olaf Glaeseker.“ Am Montag, den 12. Dezember 2011, um 14:41 Uhr, schrieb Olaf Glaeseker erneut per SMS: „Das Fax geht in 5 Minuten raus. Konnte es leider nicht mehr im Detail mit dem Bundespräsidenten abstimmen. Habe aber nach bestem Wissen und Gewissen geantwortet. BG, Olaf Glaeseker“ „Bild“: Wie sind die Fragen beantwortet worden? BILD bekam vom Pressesprecher Glaeseker am Montag, den 12. 12. 2011, um 16.06 Uhr, folgende Antworten, welche dann allerdings bis Redaktionsschluss nicht freigegeben wurden: „Sehr geehrter Herr Heidemanns, zwischen uns sind in den zurückliegenden Tagen mehrfach Fragen und Antworten zur Finanzierung des Wohnhauses von Christian und Bettina Wulff in Burgwedel ausgetauscht worden. Da es sich bei der hierzu nachgefragten Anfangsfinanzierung um einen Privatkredit handelte und die Darlehensgeberin um Vertraulichkeit gebeten hatte, habe ich die hierzu gewünschten Informationen und Einsichtnahmen in die Vertragsunterlagen nur unter der ausdrücklichen Zusicherung gegeben, dass diese Daten und Fakten weder weitergegeben noch veröffentlicht werden. Ich behalte mir deshalb auch an dieser Stelle sämtliche Rechtsschutzmöglichkeiten vor, falls datenschutzrelevante Belange oder Persönlichkeitsrechte durch eine Veröffentlichung verletzt werden sollten. Dies vorangestellt beantworte ich Ihre weiteren Fragen gerne und umfassend wie folgt: 1. Die mündliche Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Ursula Helmhold ist korrekt und wahrheitsgemäß beantwortet worden. Die Antwort bezog sich unter Ziffer 2. nach dem Wortlaut und Inhalt unmissverständlich auf geschäftliche […] ■ Lesen Sie weiter auf taz.de/bild