Eine traurige Nachricht aus Kuala Lumpur

Die malaysische Zensurbehörde monierte eine Szene, in der sich die Eltern der Heldin im Ehebett kitzeln

Yasmin Ahmad ist tot. Die malaysische Regisseurin verstarb in der Nacht auf Sonntag in einem Krankenhaus in Kuala Lumpur, nachdem sie einen Gehirnschlag erlitten hatte. Ahmad wurde nur 51 Jahre alt. Mehrere ihrer sechs Spielfilme, für die sie eine Reihe von internationalen Filmpreisen erhalten hat, konnten in ihrem Heimatland Malaysia nur gezeigt werden, nachdem sie kontroverse Szenen herausgeschnitten hatte. Ihr früher Tod ist nicht nur ein schwerer Schlag für die malaysische Filmszene, die Welt hat auch eine Regisseurin verloren, die todernste Themen wie Rassismus und Intoleranz in Filmen behandeln konnte, die nichts Gutgemeintes hatten.

Es mag fast so wirken, als hätte Ahmad vorsätzlich Tabus in ihrem Heimatland Malaysia gebrochen, in dem die malaiische Bevölkerungsmehrheit gegenüber den chinesischen und indischen Minderheiten durch die Regierung systematisch gefördert wird. In ihrem ersten Kinofilm „Sepet“ („Schlitzauge“, 2004), einer Romeo-und-Julia-Geschichte zwischen einem Mädchen aus der malaiischen Mittelklasse und einem chinesischen Verkäufer von Piraten-DVDs, mussten acht Szenen geschnitten werden, bevor er in Malaysia gezeigt werden durfte. Eine der Szenen, die die malaysische Zensurbehörde monierte, zeigte, wie sich die Eltern der Filmheldin Orked im Ehebett kitzeln. Solche Szenen, hieß es, seien geeignet, die Würde der Ehe herabzusetzen.

Auch in ihren nächsten beiden Filmen konzentrierte sich Ahmad auf die charismatische Heldin Orked (Sharifah Amani) und deren Familie. Sowohl „Gubra“ (2006) als auch „Mukhsin“ (2007), der beim Kinderfilmfestival der Berlinale einen Jurypreis gewann, wurden international aufgeführt und ausgezeichnet. Obwohl ihre Filme in Malaysia relativ erfolgreich liefen, gab Ahmad nie ihren „day job“ bei der Werbeagentur Ogilvy & Mather auf. Für die Agentur produzierte sie unter anderem einige Image-Filme für die staatliche Erdölfirma Petronas, die in Malaysia wohl noch populärer sind als ihre Spielfilme. Ein kurzer Spot, in dem ein chinesischer Grundschüler seine Liebe zu einer malaiischen Klassenkameradin erklärt, gehört zu den malaysischen YouTube-Favoriten.

Ahmad betonte, dass es ihr nicht um politische Kontroversen gehe, sondern um menschliche Schicksale. Ihre Filme sind keine drögen politischen Traktate, sondern komisch und anrührend. Als Vorbilder nannte sie Charlie Chaplin, Clint Eastwood, James L. Brooks und Yoji Yamada, den Schöpfer der japanischen Tora-san-Serie. „Man hat mir immer wieder vorgeworfen, in meinen Filmen eine bestimmte Volksgruppe zu bevorzugen“, sagte die energische Regisseurin in einem Interview. „Aber meine Filme sind Filme über Menschen, und ich will, dass man die Rasse der Protagonisten nach einer halben Stunde Zuschauen vergisst.“ TILMAN BAUMGÄRTEL