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Archiv-Artikel

Wirrwarr um lokale Taliban-Waffenruhe

AFGHANISTAN Regierung meldet erstes Abkommen, Taliban dementieren. Kabul spricht von „Modell“

BERLIN taz | Erst hieß es, in einem Distrikt in der nördlichen afghanischen Provinz Badghis an der Grenze zu Turkmenistan sei am Samstag ein erster Waffenstillstand mit den Taliban geschlossen worden. Dies hatte ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai am gestrigen Montag in der Haupstadt Kabul gesagt. Kurz darauf gab jedoch das Innenministerium laut Reuters an, in Badghis seien Polizisten in einen Hinterhalt geraten. Zwei Aufständische seien getötet, zwei Polizisten verwundet worden.

Ein Talibansprecher sagte schließlich, nirgends in Afghanistan ruhten die Waffen. „Ich habe mit den Taliban dort gesprochen, und sie haben dementiert“, so Kari Mohammed Jusuff. Bisher machen die Taliban einen Abzug der ausländischen Truppen aus dem Land zur Bedingung einer Waffenruhe.

Den angeblichen Waffenstillstand im Bezirk Bala Murghab in Badghis hatten Stammesälteste vermittelt. Laut Karsais Sprecher Sejamak Herawi gelte die Feuerpause unbegrenzt. Die Taliban würden dort den Wahlkampf und die Präsidentschaftswahlen am 20. August nicht stören. Umgekehrt würden sie dort nicht angegriffen und auch kandidieren können. Zudem würden sie ihre Kämpfer aus drei Regionen der Provinz abziehen und den Ausbau der Hauptstraße zulassen.

Laut Herawi werde versucht, den Waffenstillstand auf andere Regionen zu übertragen. „Dies ist ein Modell, das andere Provinzen und Gebiete versuchen zu nutzen“, sagte er laut AFP. Den Distrikt Bala Murghab hat die Regierung bisher kaum kontrolliert. Badghis gilt als recht friedlich und diente den Taliban vor allem als Aufmarschgebiet für Angriffe in Nachbarprovinzen.

Der britische Außenminister David Milliband forderte gestern bei der Nato in Brüssel mehr Anreize für ausstiegswillige Taliban und mehr Härte gegenüber den anderen. In der Financial Times bezeichnete er das Verhältnis der verschiedenen Taliban-Gruppen zueinander als „opportunistisch und taktisch“. London bemüht sich seit Längerem um Verhandlungen mit Teilen der Talbian.

Die Gewalt in Afghanistan hat 2009 das höchste Maß seit 2001 erreicht. Seit Monatsbeginn führen die USA und Großbritannien im Süden eine Großoffensive durch. Der Juli wurde zum bisher tödlichsten Monat für die internationalen Truppen. Allein Großbritannien verlor schon 20 Mann. SVEN HANSEN