: Schrein-Kampf voll entbrannt
China fordert Japans Premier Koizumi auf, seine Besuche im Schinto-Heiligtum zum Gedenken an Japans Kriegstote einzustellen. Peking: Ehrung von Kriegsverbrechern
PEKING/TOKIO/NEW YORK dpa Der Streit zwischen China und Japan über die Besuche von Regierungschef Junichiro Koizumi im umstrittenen Yasukuni-Schrein ist gestern offen ausgebrochen. In Tokio verteidigte Koizumi seine Besuche in dem Schinto-Heiligtum für Japans Kriegstote, in dem auch verurteilte Kriegsverbrecher geehrt werden. Er war seit seinem Amtsantritt bisher jedes Jahr zum Yasukuni gegangen, in diesem Jahr aber noch nicht. In Peking sagte der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang, China bestehe auf einem Ende der Besuche. Dies sei der entscheidende Punkt in den Beziehungen.
Der chinesische Außenamtssprecher kritisierte, die verurteilten Kriegsverbrecher des Yasukuni-Schreins seien direkt für die Aggression in China verantwortlich gewesen. Japan solle die Menschen in China und anderen Ländern respektieren, die damals der japanischen Invasion zum Opfer gefallen seien. Diese Darstellung aber, wonach seine Pilgergänge die Gefühle des chinesischen Volks verletzten, wies Koizumi zurück. „Ich denke, dass ist nicht der Fall.“ Auch glaube er nicht, dass seine Schrein-Besuche Japans diplomatischen Interessen geschadet hätten, sagte Koizumi nach Angaben von Japans Nachrichtenagentur Kyodo.
Nach dem erfolglos verlaufenen Außenministertreffen Anfang der Woche in Peking ließ China ein mögliches Treffen von Staats- und Parteichef Hu Jintao mit Regierungschef Koizumi am Rande des Gipfels zum 50-jährigen Bestehen der Blockfreien Bewegung am Freitag und Samstag in Indonesien weiter offen.
UN-Generalsekretär Kofi Annan ist laut UN-Diplomaten sehr besorgt, dass die Spannungen zwischen Japan und China die von ihm vorgeschlagene Reform der Weltorganisation beeinträchtigen könne. Kernstück ist die Reform und Erweiterung des UN-Sicherheitsrates. Neben Deutschland, Indien und Brasilien ist Japan Kandidat für einen ständigen Sitz. China hat Japan in dem Streit aber offen die moralische Qualifikation für eine ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat abgesprochen. Eine Blockierung der Aufnahme Japans in das Gremium, die unter anderem von den USA ausdrücklich unterstützt wird, könnte nach Ansicht von Experten die gesamte Reform in Frage stellen.