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Archiv-Artikel

Picknicken verboten

FLASHMOB Das Ordnungsamt Braunschweig geht gegen ein öffentliches Picknick auf dem Schlossplatz vor, zu dem im Internet aufgerufen worden war. Eine bessere Werbung kann es gar nicht geben

Die Angst vor einer spontanen Ansammlung von Menschen scheint groß zu sein

Verbote sind immer die beste Publicity. Insofern ist anzunehmen, dass das Braunschweiger Ordnungsamt nicht wusste, was es tat, als es ein öffentliches Picknick-Happening auf dem Schlossplatz zu verhindern versuchte, zu dem im Internet aufgerufen worden war. „Flashmobs in Braunschweig verboten“, trompetete es aus zahllosen Foren, die Anmeldezahlen für das Event gingen nach oben.

Im Internet kursiert eine Erklärung des Picknick-Organisators Dirk „Lord“ Schadt, in der jeder nachlesen kann, wie dämlich sich das Ordnungsamt der Stadt Braunschweig angestellt hatte. Ein „junger Mann mit rosa Hemd“ habe ihn aufgesucht und mitgeteilt, wie sie durch langwierige Nachforschungen herausgefunden hätten, dass er zu dem Picknick aufgerufen habe. Dabei stehe er unter seinem Namen „Lord Dirk Schad“ im Telefonbuch.

Vor ein paar Jahren waren Flashmobs das große Ding. Vor allem in Städten wie New York, später auch Berlin, versammelten sich spontan Leute, die sich vorher noch nie gesehen hatten, um eine öffentliche Performance abzuhalten – Löcher-in-die-Luft-starren zu Beispiel. Die Aufrufe erfolgten übers Internet oder über Handy, und es wurde darüber diskutiert, ob Flashmobs politisch sein können. Einer ihrer Erfinder, der New Yorker Journalist Bill Wasik, sagte, er habe den Konformitätszwang bloßstellen wollen. Wenn etwas angesagt sei, machten alle mit – ganz egal, wie schwachsinnig es sei.

In Braunschweig hatte es vor zwei Jahren schon ein Picknick auf dem Schlossplatz gegeben, unbemerkt vom Ordnungsamt trafen sich 70 Leute. Nun habe es beim Ordnungsamt geheißen, durch das Picknick sei „öffentliches Eigentum“ gefährdet, berichtet Dirk Schadt. Das frisch verlegte Sandsteinpflaster vor dem Schloss müsse geschützt werden – die Picknicker wollten auch grillen.

Die Stadt hat erklärt, Flashmobs seien in Braunschweig nicht grundsätzlich verboten, sondern nur auf dem Schlossplatz, für den eine besondere Satzung gelte. Erlaubt seien nur Veranstaltungen, die „der stadtgeschichtlichen und städtebaulichen Nutzung des Platzes gerecht werden“.

Das Braunschweiger Schloss mit seiner Quadriga auf dem Dach ist nur eine Fassade, im Inneren befindet sich ein Einkaufszentrum. Dennoch scheint die Angst vor einer spontanen Ansammlung von Menschen im Rathaus von Oberbürgermeister Gert Hofmann (CDU, früher NPD) groß zu sein. Wenn Schadt seine Einladung nicht zurücknehme, werde man ihn in Regress nehmen, drohte das Ordnungsamt und verwies auf den jüngsten Flashmob auf Sylt. Dort hatten im Juni 5.000 Leute bei einer Spontanparty den Strand von Westerland verwüstet. Für die Aufräumarbeiten soll der Initiator nun 20.000 Euro zahlen.

Ob es sich bei der Aktion vor dem Schloss wirklich um eine Flashmob-Aktion handelt, ist umstritten. Das Picknick sei „über Wochen vorher geplant“, heißt es in einem Thread auf indymedia.org. „Jede Grillparty ist spontaner“. DANIEL WIESE