: Fröhliche Kinder sind eine Rarität
Zum 60. Todestag seiner Namensgeberin zeigt das Käthe-Kollwitz-Museum am Kölner Neumarkt, das vor 20 Jahren eröffnete, in einer Sonderschau Neuerwerbungen und selten ausgestellte Arbeiten
Von JÜRGEN SCHÖN
Es begann mit einem Konvolut aus 60 Blättern. Diese gehörten den Enkelinnen von Käthe Kollwitz, die damals in Köln lebten. Um den Kunstschatz am Rhein zu halten – die Stadt hatte wieder einmal kein Geld – griff die Kreissparkasse Köln zu. Die beiden Frauen verkauften unter der Bedingung, dass die Bilder nicht weiter veräußert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Inzwischen ist daraus eine veritable Kollwitz-Sammlung mit einem eigenen Museum geworden. Zum heutigen 60. Todestag der Künstlerin, zugleich der 20. Geburtstag des Käthe-Kollwitz-Museums Köln, werden in einer Sonderschau Neuerwerbungen und selten gezeigte Arbeiten vorgestellt.
Über eine halbe Million Besucher haben das Museum besucht, seit es 1989 unter das Dach der Neumarktpassage über der Kreissparkassen-Zentrale gezogen ist. Fast die Hälfte waren Kinder und Jugendliche. Zitate aus dem Gästebuch zeigen, wie beliebt die am 22. April 1945 verstorbene, engagierte Pazifistin immer noch ist. „Ihr Werk hat mein Leben geprägt“, kann man da lesen, „kraftvoll, düster, eindringlich“ oder „The most powerful drawings I have ever seen. I'm shaken“. Kollwitz' Bilder gegen Krieg und Armut, von Leid und Tod und Mutterschaft, die von den Nazis als entartet verfemt wurden, sind aktuell. Sie berühren tiefste Gefühle, ohne pathetisch oder gar kitschig zu sein.
260 Zeichnungen, 430 druckgrafische Werke, 15 Skulpturen und alle Plakate umfasst die Sammlung. Dauernd gezeigt wird davon ein Viertel. Und auch wenn die Sammlung weltweit eine der größten ist, so gibt es immer noch Lücken. Welche Werke noch auf der Wunschliste stehen, will Museumschefin Hannelore Fischer nicht verraten: „Das treibt die Preise hoch.“ Deshalb ist auch der Etat, den die Kreissparkasse zur Verfügung stellt, Geheimsache.
Seit der Wende, seit DDR-Sammlungen auf dem Weltmarkt angeboten werden, gibt es einen Kollwitz-Boom. Dabei taucht auch bislang Unbekanntes auf. Angekauft wurden seither vor allem Studien zu bekannten Werken oder Serien wie „Proletariat“ und „Bauernkrieg“. Oder zu Plastiken wie „Trauernde Eltern“, von denen eine Kopie in der Kölner Kirchenruine St. Alban steht. Zyklen wie „Liebesszenen“ oder „Fausts Gretchen“ konnten ergänzt werden.
Relativ unbekannt sind die Porträts. Raritäten sind nicht nur 1904 in Paris entstandene Pastellzeichnungen, sondern auch die wenigen Zeichnungen fröhlich spielender Kinder, denn Ernsthaftigkeit bestimmt das Werk. Auch Kollwitz selbst ist auf Fotos immer mit nachdenklicher Miene zu sehen. Dass sie auch lachen konnte, beweisen Fotos aus den Familienalben, die dem Museum geschenkt wurden.
Sich selber schenkt das Museum zum Zwanzigsten ein neues Logo, eine neue Postkartenserie mit Aufklebern „für das junge Publikum“, einen Kinderführer, einen neuen Internetauftritt und vor allem 140 Quadratmeter zusätzlicher Fläche. Diese soll insbesondere für eine Präsenzbibliothek genutzt werden. Im Jubiläumsjahr gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Workshops und Konzerten. Die Kreissparkasse unterstützt über eine Stiftung auch das Haus in Moritzburg, in dem die gebürtige Königsbergerin im Alter von 78 Jahren starb.
Käthe-Kollwitz-Museum Köln, Neumarktpassage, Neumarkt 18-24, Sonderausstellung bis 30.7., Di-Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr