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Archiv-Artikel

Des Zuges letzte Fahrt

NACHRUF Don Cornelius, einer der gefragtesten Fernsehproduzenten in den USA, nahm sich das Leben

Ob er dem Nachwuchs einen Tipp geben könne, fragte Don Cornelius James Brown. „Ihr müsst die Kurve kriegen!“, antwortete Brown. Don Cornelius nahm die Direttissima. Als er 1965 als Nachrichtensprecher bei einem Rundfunksender in Chicago startete, war die Rassentrennung in den USA faktisch zwar aufgehoben, blieb aber im Alltag bestehen. Binnen eines Jahrzehnts stieg Cornelius dennoch vom Medienarbeiter zu einem der gefragtesten Fernsehproduzenten der USA auf.

Sein Baby hörte auf den Namen „Soul Train“, eine „Varietyshow“, mit Liveauftritten, kurzen Interviews und Sketchen. Zunächst gestartet als Talentshow, kamen schon bald die Stars des Musikbiz: Soul, Funk und Disco, später auch HipHop spielten die Hauptrolle. Selbst „Soultrain“-Titelmelodien landeten in den Charts. Die gesellschaftliche Emanzipation der Schwarzen, sie wurde auch von „Soul Train“ angeschoben. Cornelius verkörperte ein neues Lebensgefühl: Mit seiner sonoren Stimme entlockte er den Gästen vertrauensvolle Aussagen über Mode, Schönheitsideale und Kultur. „Soul Train“ war selbst stilbildend. Und rekordverdächtig: Bis 2006 blieb Cornelius auf Sendung. Am Mittwoch nahm er sich in Los Angeles das Leben. Der 75-Jährige arbeitete an einem Spielfilm über seine Show.

JULIAN WEBER