Weihnachtsmänner sind pleite

Ob Rotröcke fürs Familienfest oder Blaumänner für den Bau: Berlins größte und älteste studentische Arbeitsvermittlung, die Tusma, hatte sie im Angebot. Nun muss sie endgültig dichtmachen

VON TINA HÜTTL

Wie sie es ihren rund 24.000 registrierten Studenten beibringen wollen, wissen die Mitarbeiter der Tusma selbst noch nicht. Kein Wunder, denn Schluss machen tut weh. In diesem Fall für beide Seiten. Bis vorgestern haben die 19 festen Mitarbeiter der Tusma für Berlins älteste studentische Arbeitsvermittlung gekämpft. Seit gestern ist klar: Die Tusma ist pleite. Ab Mai werden keine Jobs mehr vergeben.

Nach erfolglosen Verhandlungen mit der Senatsverwaltung für Wissenschaft und der Technischen Uni (TU) gesteht Andreas Becher: „Am Ende konnten wir kein Konzept für den Neuanfang finden, das sich auch wirtschaftlich trägt.“ Auch fehlte Geld, um die veraltete EDV zu ersetzen, sagt der Tusma-Lohnbuchhalter.

Zwischen 150 und 200 Studenten warten täglich am Tresen auf Jobs, die bei der 1949 gegründeten Tusma noch immer übers Mikrofon ausgerufen werden. Vermittelt werden jedoch höchstens 30, etwa ebenso viele werden übers Telefon ausgeliehen. Die Nachfrage der Arbeitgeber, die Studenten als Umzugshelfer oder für Schreibarbeiten suchen, stagniert seit Jahren. Einzig der traditionsreiche Tusma-Weihnachtsmann hat jedes Jahr wieder Konjunktur. Doch auch der kommt wohl nicht mehr. „Wenn wir mit Ende diesen Monats unseren Service einstellen, trifft es vor allem viele ausländische Studierende, die sich über uns finanzieren“, sagt Jessica Thiem, Kundenbetreuerin bei der Tusma. Doch ab Mai wird das Insolvenzverfahren eröffnet, das vor zwei Monaten beim Amtsgericht Charlottenburg beantragt wurde, weil die Tusma ihre Angestellten nicht bezahlen konnten.

So weit hätte es nach Meinung von Rosita Lohmann nicht kommen müssen. Die Abteilungsleiterin für Beratung und Betreuung des Studentenwerks ist verantwortlich für das Konkurrenzunternehmen, die Arbeitsvermittlung Heinzelmännchen an der Freien Uni. Bereits vor zwei Jahren habe sie der Tusma einen Kooperationsvertrag angeboten. „Zwei studentische Arbeitsvermittlungen in einer Stadt sind Quatsch,“ sagte sie auch damals. Die Tusma-Mitgliederversammlung habe das Angebot aber abgelehnt, sodass man getrennt weiterwurstelte.

Bei der Tusma rechnete sich das allerdings nur schlecht, neben Altlasten häuften sich zuletzt auch noch Steuerschulden an, deren Höhe der Lohnbuchhalter Becker nicht beziffern will. Schon seit Jahren geht der Markt für studentische Arbeitsvermittlung in Berlin kontinuierlich bergab. Schuld sind die Abwanderung von Gewerbe, insbesondere der Baubranche, und mehr und mehr bürokratische Hindernisse bei der Abrechnung der Sozialbeiträge und Steuern von beschäftigten Studenten. Das alles sind Probleme, mit denen auch der Hauptkonkurrent zu kämpfen hat. Doch der Verein Tusma finanziert sich allein aus den Vermittlungsgebühren der Arbeitgeber und den prozentualen Abgaben der Studenten. Die Heinzelmännchen dagegen erhalten von ihrem Träger, dem Studentwerk, zusätzlich Gelder und Zuschüsse des Senats.

Lohmann will vor allem den studentischen Arbeitssuchenden helfen und am Sitz der Tusma in der Hardenbergstraße eine Filiale eröffnen. Natürlich unter dem eigenen Namen Heinzelmännchen: „Alles andere ist wegen des Insolvenzverfahrens rechtlich nicht möglich.“

So recht begeistert ist man bei der Tusma über das Angebot aber nicht. In einem gemeinsamen Gespräch will der Vorstand nun klären, ob noch eine andere Option besteht. Allerdings ist die Aussicht gering, denn selbst das bisherige Hilfsangebot von Lohmann für EDV und Miete brachte keine Rettung. Was die Tusma braucht, ist Geld für Neuinvestitionen und die Übernahme der Schulden. Doch das haben die Heinzelmännchen abgelehnt.