: Nur die FDP kann Rot-Grün noch retten
Vor der NRW-Wahl ist die SPD mit dem Kapitalismus beschäftigt, die CDU mit dem Katholizismus. Doch die Abstimmung am 22. Mai wird von den Liberalen entschieden – scheitern sie an der Fünfprozenthürde, könnte es noch mal für Rot-Grün reichen
AUS KÖLN PASCAL BEUCKER
Knapp einen Monat vor dem Urnengang kommt der nordrhein-westfälische Landtagswahlkampf kräftig in Fahrt. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Peer Steinbrück, bislang jeglichen linken Ideen abhold, attackiert plötzlich den „Raubtierkapitalismus“ und versucht so, die klassenkämpferischen Attitüden von SPD-Parteichef Franz Müntefering mit seiner Wahlkampagne kompatibel zu machen. Die CDU müht sich derweil mit dem ersten größeren Fehler ihres Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers herum: seinen umstrittenen Religionsäußerungen. Entschieden wird die Wahl jedoch wohl an einer anderen Frage: Kommt die FDP in den Landtag? Denn scheitern die Liberalen, könnte es doch noch einmal für Rot-Grün reichen.
Tatsächlich dürfte es für die FDP diesmal richtig knapp werden. Schaffte sie 2000 dank ihres damaligen Spitzenmanns Jürgen W. Möllemann sensationelle 9,8 Prozent, dümpelt die Partei in den aktuellen Umfragen mittlerweile nur noch bei 6 Prozent – und damit bedrohlich nahe an der Fünfprozenthürde. Die FDP sei ein „Unsicherheitsfaktor“, sagte der Düsseldorfer Parteienforscher Ulrich von Alemann.
Grund für den Abwärtstrend ist das Führungsproblem der Liberalen. Denn mit dem FDP-Fraktionschef Ingo Wolf hat sich die Partei offensichtlich den falschen Spitzenkandidaten ausgesucht. Sogar in der eigenen Fraktion wird bereits hinter vorgehaltener Hand über den mausgrauen Wolf gelästert, der vor fünf Jahren noch gerade auf dem drittletzten Listenplatz ins Parlament gerutscht war.
In die Schlagzeilen hat es der FDP-Landtagsfraktionschef bisher nur mit seinen großzügigen Bezügen geschafft. Denn der frühpensionierte Euskirchener Oberkreisdirektor kassiert an Diäten, Pensionen und Aufwandsentschädigungen mehr, als der Bundespräsident an Amtsbezügen erhält. Eine Steilvorlage für die Grünen, die dem liberalen FDP-Frontmann den Spitznamen „Florida-Wolf“ verpassten.
Die Grünen nutzen die üppigen Einnahmen Wolfs nun auch, um in einem landespolitischen Thema, in dem sie bisher in der Defensive waren, in die Offensive zu kommen: dem Feldhamsterstreit. Das Tier gilt der Landtagsopposition als Synonym für eine vermeintlich absurde Umweltpolitik der rot-grünen Landespolitik. Wichtige Investitionen würden verhindert, um Feldhamster zu schützen, so der Vorwurf. Nun kontert die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn: Zum einen sei das Hamsterschutzprogramm die Folge einer EU-Richtlinie von 1992. Damals habe es auf Bundesebene eine schwarz-gelbe Koalition und einen Wirtschaftsminister Möllemann gegeben. Zum anderen sei das Problem der Opposition und speziell der FDP doch nur, dass sie einen ganz anderen Hamster schützen wolle, „den ganz gemeinen Geldhamster: den so genannten Kricketus Monetus“.