: Die Rest-FPÖ geht auf Oppositionskurs
Der neue Chef von Österreichs Freiheitlichen will sich an Jörg Haider rächen und die Regierung unter Druck setzen
WIEN taz ■ Mimikry und Abrechnung. Der politische Vatermord, den Heinz-Christian Strache am Samstag an Jörg Haider vollzog, war einstudiert. Auf dem Sonderparteitag der Rest-FPÖ in Salzburg gab es für den abwesenden Gründer des Bündnisses Zukunft Österreich (BZÖ) nur Buhrufe. Zwar kopierte der von 90,1 Prozent der 425 Delegierten zum Bundesparteiobmann gewählte Strache Haiders Inszenierung, doch sprach aus ihm die Bitterkeit des abgelegten Kindes. „Das ist nicht mehr jener Jörg Haider, der er war. Das ist kein freiheitlicher Weg, den er beschreitet.“
Was die FPÖ unter freiheitlichem Weg versteht? Einwanderungsstopp, mehr Sicherheit, starke Sprüche gegen die EU. Die Anbiederung des BZÖ an Kanzler Schüssel findet Strache peinlich. „Einen permanenten Hofknicks zur ÖVP kann es bei uns nicht geben.“ Oppositionspolitik ist angesagt. Deswegen will die FPÖ den für Mittwoch vorgesehenen Antrag der Opposition auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses über die Entscheidung zum Ankauf von 18 Eurofighter-Abfangjägern unterstützen.
Strache behauptet, Jörg Haider habe ihm vor der Parteispaltung zu verstehen gegeben, Kritik am Abfangjägerkauf sei nicht mehr erwünscht. Jetzt wäre Gelegenheit zur Abrechnung. Sechs Abgeordnete im Nationalrat bekennen sich zur FPÖ, die anderen zwölf auf dem freiheitlichen Ticket Gewählten sind zum BZÖ übergelaufen. Sollten alle sechs mit der Opposition stimmen, hat die Regierung keine Mehrheit mehr. Doch werden wohl nicht alle den Rachegelüsten des neuen Chefs entsprechen. Auf Dauer könnten die prekären Mehrheitsverhältnisse aber zum Kollaps der Regierung führen.
Ebenso brisant sind die Finanzverhältnisse der FPÖ-Nachlassparteien. Die Delegierten verweigerten den – zum BZÖ desertierten – Exparteichefs die Entlassung. Ursula Haubner und ihre Vorgänger müssen für dubiose Transaktionen geradestehen. So brachten unlängst die Grünen ans Licht, dass die Freiheitliche Parteiakademie der FPÖ 2004 statutenwidrig einen Kredit von 500.000 Euro gewährt hat.
Jörg Haider machen die Finanzen keine Sorgen. Seine garantiert ideologiefreie Bewegung blicke nur nach vorn. Doch rechnete Haider nicht mit dem Bundesrat Siegfried Kampl, der unlängst bei einer Debatte gegen die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren aufgetreten war. Außerdem beklagte er die „brutale Naziverfolgung“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Kampl soll turnusmäßig im Juni den Vorsitz des Bundesrates übernehmen. Diese Blamage, kurz bevor Österreich in die EU-Troika eintritt, will sich die Regierung ersparen, weswegen ÖVP und Parteigenossen den strammen Kärntner diskret zum Rücktritt drängen. RALF LEONHARD