: Ölverseuchte Küste
NORWEGEN Naturschützer fordern nach erneuter Ölpest das Verbot von Schweröl als Treibstoff
STOCKHOLM taz | Nach der Havarie eines Frachters vor der südnorwegischen Küste drohen schwere Umweltschäden. In der Nacht zum Freitag war die „Full City“ in der Nähe der Stadt Langesund bei einem schweren Sturm auf Grund gelaufen. Ihre Treibstofftanks schlugen leck. Zwar gelangten dabei vermutlich „nur“ einige hundert der insgesamt 1.100 Tonnen Schweröl, die das Schiff an Bord hatte, ins Meer, doch angesichts der Wind- und Wetterverhältnisse genügte dies für eine weiträumige Ölverschmutzung an der zerklüfteten Schärenküste mit ihren unzähligen Inseln und Buchten.
Der Ölteppich treibt nun in unmittelbarer Landnähe nach Westen. Die Behörden befürchten, dass die norwegische Südküste mit vielen beliebten Badestränden auf einer Länge von 200 Kilometern betroffen werden könnte. Starke Winde und hohe Wellen verhindern ein Aufsammeln des Öls.
Das Unglück ereignete sich mitten in einem Vogelschutzgebiet. Mehrere hundert Tiere mit ölverklebtem Gefieder wurden gefunden, rund 200 Vögel von Mitarbeitern der örtlichen Naturschutzbehörden erschossen, um ihnen unnötiges Leid zu ersparen, hieß es. Die Umweltorganisationen WWF und Noah kritisierten die Tötungsaktion und versuchten seit dem Wochenende ihrerseits, durch HelferInnen so viele Vögel wie möglich einzufangen und vom Öl zu reinigen.
In den letzten Jahren war es vor Norwegen schon mehrmals zu Havarien gekommen, bei denen das aus den Treibstofftanks auslaufende Öl zu schweren Verschmutzungen geführt hatte. Der neueste Fall ließ nun eine Debatte über die unzureichenden Vorbereitungen für solche Fälle wieder aufflammen. Obwohl der Schiffsverkehr an der Küste Norwegens massiv zugenommen und sich vor allem der Öltankerverkehr vervielfacht hat, besteht für weite Bereiche der langen Küste weder eine technische noch eine personelle Bereitschaft für Ölunfälle. So hätte ein schneller Schleppereinsatz, gleich nachdem sich die „Full City“ von ihren Ankern losgerissen hatte, deren Havarie vermutlich verhindern können, doch entsprechende Schlepper gibt es an der gesamten Südküste nicht.
Der WWF fordert nun für alle Schiffe, die die Küstengewässer befahren, ein Verbot von Schweröl in den Treibstofftanks. Denn schließlich verwendeten Reedereien diese „klebrige Giftsülze“, die nun zum wiederholten Mal zu einer Ölpest führte, nur aus Kostengründen, kritisiert der Ozeanograf Øyvind Breivik.
REINHARD WOLFF