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Archiv-Artikel

Grüne wittern Verschleppung bei derAsse

ASSE-AUSSCHUSS Schon vor dem Beginn der eigentlichen Arbeit eskaliert der Streit der Fraktionen

Wenn am Donnerstag im niedersächsischen Landtag der Untersuchungsausschuss zur einsturzgefährdeten Atommülldeponie Asse zusammentritt, dürfte es gewohnt heftig werden. Die Grünen-Fraktion erhob heute schwere Vorwürfe gegen die Regierungskoalition. CDU und FDP hätten ihre Ausschuss-Mehrheit genutzt, um die Aufklärungsarbeit zu verschleppen. Grünen-Fraktionsvorsitzender Stefan Wenzel appellierte dringlich an die Kollegen, seiner Forderung nach Einvernahme hochrangiger Zeugen aus Politik und Atomindustrie zuzustimmen und nannte Niedersachsen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) einen „Feigling“, weil er bisher jede Aussage verweigert habe.

Gabriele Heinen-Kljajic, Umweltexpertin der Grünen, erinnerte an die jüngst in Buchform erschienene Dissertation des Historikers Detlev Möller, der ausführt, regierungsamtliche Stellen hätten seit 1967 gewusst, dass Wasser in die Asse eindringt und noch zehn Jahre später alle Warnungen des Landesbergamtes ignoriert. Möller vertritt auch die These, es sei von Anfang an geplant gewesen, in der Schachtanlage bei Wolfenbüttel radioaktives Material einzulagern.

Wenzel sagte, alle Beteiligten hätten „jahrzehntelang wider besseres Wissen gehandelt“. Zum Beweis hatte er Aktenauszüge mitgebracht. Einer stammt von 1978 und referiert einen Brief der damaligen niedersächsischen Wirtschaftsministerin Brigit Breuel (CDU) an das Bundesministerium für Forschung und Technik. In dem Schreiben ist die Rede von „weiteren Einlagerungen für Forschungszwecke von radioaktiven Abfällen in der Asse“, die die Atomlobby für „notwendig hält“.

Memoranden dieser Art würden die hohe Tritium-Belastung im Schacht erklären, sagte Wenzel, und klarstellen, dass „die Mär vom Unwissen der Atomindustrie nicht aufrecht zu erhalten“ sei. Deshalb haben Grünen, SPD und Linke umfangreiche Aktenbestände vom Bund und schon vor langer Zeit vom Land angefordert. Bisher seien nur sechs Ordner von niedersächsischen Behörden eingetroffen. „Es müssen aber Tausende sein.“ Wenzel vermutet ein „perfides Spiel“. MICHAEL QUASTHOFF