: Mehr Entwicklungshilfe an der Ladentheke
Absatz fair gehandelter Produkte steigt um 33 Prozent. Der Marktanteil von Kaffee, Tee und Co ist allerdings gering
BERLIN taz ■ Einkaufen abseits von Billiganbietern und Geizgeilheit ist offenbar nicht obsolet: Deutlich gewachsen ist im letzten Jahr der Absatz von Produkten mit TransFair-Siegel wie Kaffee, Kakao, Schokolade und Bananen. Im umkämpften Lebensmittelhandel wurden 6.500 Tonnen abgesetzt – eine Steigerung von 33 Prozent. Die Umsätze kletterten um 13 Prozent auf knapp 60 Millionen Euro. Den stärksten Zuwachs gab es bei Bananen, wo immer mehr Bioqualität importiert wird. Wichtigstes Transfair-Produkt ist nach wie vor Kaffee, bei dem es in 2004 ein Plus von 6 Prozent gegeben hat.
Die Ab- und Umsatzsteigerungen kommen direkt Produzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika zugute. „Über 1 Million Euro erreicht damit die Ärmsten der Armen durch Prämien“, sagte TransFair-Vorsitzender Norbert Dreßen gestern in Bonn. Damit könnten die Produzenten in soziale Projekte wie den Bau von Schulen oder die Anschaffung von Maschinen sowie die Umstellung auf ökologischen Anbau investieren.
Möglich wird dies, da Importeure Mindestpreise zahlen, und zwar unabhängig vom Weltmarktpreis. Dadurch können die Produzenten zumindest ihre Produktionskosten decken und das Existenzminimum sichern. Zudem zahlen sie einen Teil der Produktionskosten im Voraus, schließen langfristige Lieferverträge und umgehen Zwischenhändler, die im normalen Handel zulasten der Produzenten mitkassieren.
Was in der Theorie vernünftig klingt, findet in der Allgemeinheit allerdings kaum Anwendung. Fair gehandelte Produkte fristen ein Nischendasein – im Schatten von Lidl, Aldi und Konsorten. Der Marktanteil liegt – je nach Produkt – bei 1 Prozent (Kaffee) bis 2 Prozent (Tee und Honig). Dabei sind fair gehandelte Produkte oft nicht viel teurer als normale Angebote. Eine Tasse TransFair-Kaffee kostet beispielsweise nur 1,5 Cent mehr. „Die ‚Geiz ist geil‘-Mentalität in Deutschland ist weltweit einzigartig“, sagte TransFair-Sprecherin Claudia Brück. Produkte, vor allem Nahrungsmittel, müssten billig sein, damit sie gekauft würden. „Dabei gibt es ein gebrochenes Verbraucherbewusstsein. 100 Prozent sind gegen Kinderarbeit, und 100 Prozent sind für Schnäppchen“, so Brück. Meistens gewinne der Schnäppchentrieb.
In Deutschland vertreiben 70 Firmen TransFair-Produkte und sind damit bundesweit in 22.000 Supermärkten, in Ökoläden und in rund 800 Weltläden vertreten.
RENÉ STEENBOCK
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