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Archiv-Artikel

Kapitalisten haben zu wenig Kapital

INSOLVENZEN Bereits 850 Firmen stellten ihren Betrieb in den ersten sechs Monaten des Jahres ein

Die Wirtschaftskrise kommt bei den Unternehmen an: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind 850 Unternehmen in die Insolvenz gegangen – gut 16 Prozent mehr als im entsprechenden Zeitraum des vergangenen Jahres. Das ergibt sich aus den Zahlen, die das Inkasso- und Wirtschaftsauskunftsunternehmen Creditreform am Montag veröffentlicht hat. „Berlin trifft es nicht so hart wie Regionen, die vom produzierenden Gewerbe abhängig sind“, so Unternehmenssprecher Hans Ulrich Fitz. Da zeigen sich die Vorzüge von Berlin als Dienstleistungsstandort: Die Stadt ist von der Krise „betroffen, aber in einem viel geringeren Maße als der Bundesdurchschnitt“, so Fitz.

Die Krise zeigt sich etwa auch in der Überschuldung vieler Unternehmen: Fast die Hälfte der kleinen und mittleren Betriebe hat eine Eigenkapitalquote von weniger als 10 Prozent. Der Rest des Kapitals ist geliehen – etwa von Banken oder Lieferanten.

Auf der anderen Seite werden aber auch viele Unternehmen neu gegründet: 2.430 waren es laut Creditreform in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Unter dem Strich werden also mehr Unternehmen neu gegründet, als durch erzwungene Insolvenzen oder durch das freiwillige Ende des Betriebes vom Markt verschwinden.

Die Zahl der Insolvenzen von Privatleuten ist dagegen stabil. 3.110 Personen meldeten im ersten Halbjahr Privatinsolvenz an, das sind 80 weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch im bundesweiten Vergleich steht Berlin gut da: Von 100.000 Berlinern gingen 79 in Privatinsolvenz – 11 weniger als im Bundesdurchschnitt. Creditreform rechnet damit, dass die Zahl der Privatinsolvenzen im zweiten Halbjahr allerdings ansteigt: Wenn wie erwartet mehr Menschen arbeitslos werden und ihre Verbindlichkeiten nicht mehr zahlen können, droht Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit.

Nach Ansicht von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) ist es möglich, dass die Wirtschaftsleistung in Berlin in diesem Jahr lediglich um bis zu 4 Prozent zurückgeht, während der Bund ein Minus von 6 Prozent erwartet. Wolf verweist auf die vielen Dienstleistungsunternehmen sowie die Industriezweige Pharma und Ernährung, die sich bislang in der Krise als relativ stabil erwiesen hätten. Auch er glaubt allerdings: „Der Wirtschaft stehen noch schwierige Monate bevor.“ SEBASTIAN HEISER