: Dem Protest fehlt die Regierung
GEGENDEMONSTRATION In Dresden stellen sich erneut Tausende dem Neonaziaufmarsch entgegen. Die Opposition aus dem Bundestag zeigt mit prominenten Köpfen Präsenz, die Bundesregierung lässt sich nicht blicken
GESINE LÖTZSCH, LINKSPARTEI
AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH UND MARTIN KAUL
Anlässlich des Gedenktages zum 13. Februar in Dresden haben Oppositionspolitiker am Montag die Haltung der Bundesregierung zum Rechtsextremismus scharf kritisiert. Vor dem Hintergrund der Neonazi-Mordserie sagte die Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch der taz: „Im Deutschen Bundestag rufen Bundestagspräsident Norbert Lammert und die Bundesregierung dazu auf, dass sich alle demokratischen Kräfte entschlossen gegen Rechtsextremismus stellen sollten, aber wenn es darauf ankommt, dann fehlen relevante Teile der breiten demokratischen Öffentlichkeit.“ Das sei ein falsches Signal, so Lötzsch.
Hintergrund waren die Proteste gegen einen für den Abend geplanten Neonaziaufmarsch in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden (siehe unten), gegen den in Dresden am Montag Tausende Menschen demonstrierten. Während die Bundestagsvizepräsidenten der Oppositionsparteien im Bundestag, Wolfgang Thierse (SPD), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Petra Pau (Linkspartei), gemeinsam Präsenz zeigten, beteiligte sich aus der schwarz-gelben Bundesregierung niemand offiziell an den Demonstrationen.
In einer Antwort an Lötzsch, die der taz vorliegt, hatte die Bundesregierung eingeräumt, dass sich in der seit 2009 laufenden Legislaturperiode noch nie ein Regierungsvertreter qua Amt an Demonstrationen gegen Rechtsextreme beteiligt habe. 2011 hatte sich zwar der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) an der Menschenkette in Dresden beteiligt – aber offenbar nicht als Minister.
Auch die Parteichefin der Grünen, Claudia Roth, kritisierte die Abwesenheit der Bundesregierung: „Diese Haltung spiegelt das Versagen der demokratischen Verantwortung der Bundesregierung wider. Mir fällt kaum ein Bundesminister ein, der nach der erschütternden Mordserie nicht hierher gehören würde“, sagte Roth.
Unterdessen demonstrierten am Montag mehrere tausend Menschen in Dresden mit vielfältigen Aktionen gegen Rassismus und gedachten der Opfer des Zweiten Weltkrieges.
Rund 15.000 Menschen beteiligten sich am frühen Abend in der Altstadt an einer großen Menschenkette, um begleitet vom Glockengeläut der Kirchen ein „Zeichen für Mut, Respekt und Toleranz“ zu setzen. In zahlreichen Kirchen zündeten die Menschen Kerzen an. Bei der traditionellen Gedenkveranstaltung auf dem Dresdner Heidefriedhof legten Landespolitiker und der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) am Nachmittag weiße Rosen nieder. Sie sollten an das Leid erinnern, das der Stadt und ihren Einwohnern durch die Bombenangriffe am 13. Februar 1945 und durch die Gewaltherrschaft des Naziregimes im Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Anders als in den Vorjahren beteiligten sich daran keine Vertreter der NPD.
Erstmals hatte die Stadt am Nachmittag auch die Durchführung eines sogenannten „Täterrundgangs“ erlaubt. Um den „Dresdner Opfermythos“ zu kritisieren, wonach vor allem die Stadt an den Angriffen der angloamerikanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg gelitten habe, veranstaltete das Bündnis „Dresden Nazifrei“ den Mahngang, der an zehn Stationen auf Orte mit nationalsozialistischer Vergangenheit hinwies. An dem Rundgang beteiligten sich knapp 2.000 Menschen. Für den Abend hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“ zudem erneut zu Nazi-Blockaden aufgerufen. In der Nähe des Treffpunktes der Nazis hatten sich bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe rund 1.000 Menschen zu einer ersten Blockade eingefunden.
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