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Brigitte Kraemer: So nah – so fern

„Ich habe keine fertigen Bilder im Kopf. Ich bin dabei, schaue und eine Situation entwickelt sich. Und dann entstehen Kompositionen, die etwas vom Leben erzählen“, beschreibt Brigitte Kraemer ihre Arbeit, bei der sie vor allem Alltagssituationen fotografiert. In der Serie „So nah – so fern“, die 1985 entstand, hat sie sich dem Alltagsleben von Ausländern im Ruhrgebiet gewidmet: „Die Familien aus der Türkei gehören zu unserem Leben im Ruhrgebiet. Überall gehören sie dazu, egal mit welchem Thema ich mich gerade beschäftige. Straßenbahn, Rhein-Herne-Kanal, Zechensiedlungen.“ Aber nicht nur türkische Familien, die seit Jahren im Ruhrgebiet leben, hat Kraemer fotografiert, sondern auch das Alltagsleben, das eher im Verborgenen stattfindet: die Ankunft von Asylbewerbern und Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion, Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, die in Auffanglagern auf ein besseres Leben hoffen.

Als eines der wichtigsten Kriterien ihrer Arbeit nennt Kraemer selbst den Faktor Zeit: Weil man Alltagssituationen nicht erzwingen, nicht nachstellen könne, müsse man abwarten, geduldig sein – eben Zeit haben und auf den richtigen Moment warten. „Zeit ist vielleicht das Wichtigste, wenn man Menschen fotografieren will, die ganz bei sich sind. Ohne vordergründige Pose, ohne aufgesetztes Lächeln, ohne eine aufwendige Inszenierung mit Licht und Hintergrund.“

Kraemer, die in Hamm geboren wurde und heute in Herne lebt, hat an der Folkwangschule in Essen unter anderem bei Willy Fleckhaus und Angela Neuke studiert. Für ihre Arbeit ist sie in den letzten Jahren mit diversen Preisen ausgezeichnet worden, darunter 1988 der Kodak Award für eine Serie über „Lösungsmittelschnüffler in Berlin“. Für das Foto „Franzesco“ im Stern hat sie den Lead Award 2005 gewonnen.

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