: Künast auf den Hund gekommen
Tierschutzbericht 2005: Statt etwa die Probleme der Schweinemast schneller zu lösen, redet die Ministerin lieber über Importverbot für Hundefelle. Zahlen hat sie keine
BERLIN taz ■ Die grüne Bundesverbraucherministerin Renate Künast ist ein bisschen stolz. Dieser Tage hat sie den europäischen Tierschutzpreis „Eurogroup Medal“ bekommen. Hat sie natürlich auf ihre Homepage stellen lassen. Um dem Preis alle Ehre zu machen, kündigte sie gestern „ein nationales Verbot für den Import von Katzen- und Hundefellen“ aus Asien an. Anlass der Ankündigung: der nationale Tierschutzbericht 2005.
Alle zwei Jahre erstattet die Regierung dem Bundestag einen Bericht über den Stand des Tierschutzes. Ob es große Probleme gibt? Schweine fühlen sich laut Tierschutzbericht noch immer nicht wohl in deutschen Ställen. Für die Ministerin handelt es sich dabei aber nur um ein „kleines Föderalismusproblem“. Tatsächlich hatte der Bundesrat die neue, von der EU geforderte Verordnung zur Schweinehaltung ausgebremst. Die Unionsmehrheit wollte nur zustimmen, wenn die Käfighaltung bei Hühnern wieder zugelassen werde. Darauf ließ sich die Ministerin aber nicht ein und erklärte, sie lasse sich nicht erpressen. Die EU droht jetzt mit hunderttausenden Euro Bußgeld pro Tag, wenn Deutschland den Säuen nicht mehr Platz verschafft.
Das wird noch dauern. Die Fraktionen von SPD und Grünen werden dazu jetzt ein Gesetz einbringen, erklärte Künast. So sei es möglich, zumindest im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zu einem Kompromiss zu kommen. Über Verordnungen können die Vermittler nicht beraten.
Andere Probleme? Etwa der seit langem diskutierte „Tierschutz-TÜV“. Was in der Schweiz seit 20 Jahren Usus ist – jeder Stall wird überprüft, ob er tiergerecht ist –, fordern deutsche Tierschützer seit Jahren. Künast verliert darüber kein Wort.
Und wie steht es um das Leiden von jährlich bisher mehr als 2 Millionen Laborratten, -fischen und -mäusen? Die „Vier Pfoten-Stiftung für Tierschutz“ hat gewarnt: Sobald die Chemieindustrie ihre Produkte – wie die EU plant – nur noch auf den Markt bringen darf, wenn die Wirkung auf den Menschen getestet ist, werden die Tierversuche gewaltig zunehmen. Der Tierschutzbeauftragte der Unionsfraktion, Peter Bleser, sprach gestern sogleich von „massenhaft unsinnigen Tierschutzversuchen“, die die Chemiereform fordere.
Die Bundesregierung, so erklärte Künast, „hält einen Anstieg der Tierversuchszahlen nur dann für gerechtfertigt, wenn alle fachlich vertretbaren Maßnahmen zur Vermeidung unnötiger Tierversuche ausgeschöpft sind“. Die Forschung für alternative Versuche will sie aber lediglich „intensivieren“.
Probleme? Natürlich: Importe von Katzen- und Hundefellen. Wie groß das Problem ist, konnte Künast allerdings nicht einschätzen: Sie hat darüber keine Zahlen. HANNA GERSMANN
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